Die ARAG private Krankenversicherung hat bereits im Oktober 2019 den Tarif MedBest MB auf den Markt gebracht. Seitdem ist der Tarif bei Onlineportalen gut positioniert und bei Versicherungsvertrieben beliebt. Die Leistungen sind gut und der Beitrag ist verhältnismäßig niedrig. Eigentlich eine klare Empfehlung. Oder?

Um was geht es eigentlich?

Kurz zusammengefasst

Der ARAG PKV-Tarif MedBest ist seit 2019 am Markt. Seitdem steigt die Kundenanzahl bei der ARAG und die Abschlusskosten explodieren förmlic. Der Tarif hat gute Leistungen, ist aber im direkten Tarifvergleich günstiger als andere Tarife der ARAG kalkuliert. Deswegen könnte es ein ordentliches Beitragserhöhungspotential für den MedBest-Tarif geben. Wir vergleichen den Tarif mit dem Wettbewerb und zeigen Ihnen die Schwachstellen auf.

Hat der Tarif MedBest MB gute Leistungen?

Der Tarif MedBest hat im Durchschnitt das höchste Leistungsniveau aller bisherigen ARAG-Tarife. Die Leistungsdefinitionen für Heilmittel (keine Aufzählung der versicherten Leistungen – kann auch ein Vorteil sein), Hilfsmittel und die begrenzten Leistungen für Heilpraktiker (Naturmedizin ist ein großer Trend), sind wichtig.

Gut sind auch die verschiedenen Selbstbehaltsstufen. Wer nach 10 Jahren durch einen Tarifwechsel innerhalb der ARAG vom MedBest0 (MB0 – 0 EUR Selbstbehalt pro Jahr) in den MB600 (MB600 – 600 EUR Selbstbehalt pro Jahr) wechselt, kann deutlich mehr Beitrag im Jahrsparen als der Selbstbehalt pro Jahr kostett. Je später solche Tarifwechsel vollzogen werden, desto höher das Einsparpotenzial. Solche Optionen sind besonders im Rentenalter wichtig. Deswegen sollte zum Vertragsbeginn aus unserer Sicht für Angestellte der MB0 mit 0 EUR Selbstbehalt pro Jahr gewählt werden.

Ist der Beitrag für den MB0 angemessen?

Der Beitrag für den MedBest-Tarif ist meiner Einschätzung nach zu günstig kalkuliert. Das bedeutet, dass der Versicherer eigentlich einen höheren Beitrag berechnen müsste.Wie komme ich zu dieser Einschätzung?

Als Verbraucher können Sie vorsätzlich günstig kalkulierte Tarife kaum erkennen. Auch Testberichte oder Ratings helfen Ihnen nicht weiter, weil die Ergebnisse immer nur bestimmte Punkte der Gegenwart vergleichen. Niemals aber die Kalkulationsmethode des Tarifs.

Bevor Sie sich für einen Versicherer entscheiden, sollten Sie den Versicherer auf Herz und Nieren prüfen. Zu einer solchen Prüfung gehört auch eine Analyse der sonstigen Tarife des Versicherers. Die ARAG hat die MedBest-Reihe im Oktober 2019 auf den Markt gebracht. Davor hatte die ARAG nur einen anderen Hochleistungstarif nach Baukasten (ambulant, stationär und dental) im Programm. Wenn ich die Beiträge der Tarife vergleiche, erhalten ich unterschiedliche Beiträge.

Quelle: psp.onlinesuite.de

Während der Tarif MedBest0 für eine 35-jährige Person 591,53 Euro kostet, kostet der bisherige Tarife in dem Leistungssegement 761,65 Euro. Damit ist der neue Tarif 170 Euro monatlich günstiger als der alte Tarif.

Frage: Warum kann die ARAG einen neuen Tarif auf den Markt bringen, der noch bessere Leistungen hat, aber deutlich günstiger ist. Oder ist der ARAG-Tarif MedBest einfach ein Schnäppchen?

Schnäppchen-Mentalität bei der Tarifauswahl

Die meisten von uns sind Schnäppchen-Jäger. Denn es macht Spaß, etwas Gutes für einen geringeren Preis zu kaufen. Allerdings versagt unser Schnäppchen-Instinkt zuverlässig bei zwei Produktkategorien.

  1. Aktien: Anstatt Aktien zu kaufen, wenn die Kurse fallen, kaufen wir viel lieber welche, wenn die Kurse steigen. Psychologische verständlich, aber kontraproduktiv.
  2. Private Krankenversicherung: Einen Toaster oder Fernseher können wir leicht im Preis vergleichen. Das Produkt ist identisch, nur irgendwo billiger. Dieser Logik folgen wir auch bei der PKV. Doch kein Versicherer und kein Tarif ist identisch. Ganz im Gegenteil. Es gibt über 20.000 PKV-Tarif-Kombinationsmöglichkeiten. Alle Varianten sind unterschiedlich. Deshalb ist der Beitrag kein guter Maßstab für die Qualität einer privaten Krankenversicherung.

Dazu plant ein Versicherer langfristig. Der PKV-Vertrag wird lebenslang geschlossen und sobald die ersten Diagnosen vorhanden sind, kann der Versicherte häufig nicht mehr den Versicherer wechseln. Um das Thema abzurunden, hat jeder Versicherer das Recht, die Beiträge nachträglich zu erhöhen, wenn die kalkulierten Beitragseinnahmen nicht ausreichend sind, um die Kosten verursacht durch medizinische Behandlungen der Kunden zu decken. Aus diesem Grund gibt es keine Schnäppchen im PKV-Bereich. Entweder sind Tarife zu günstig, zu teuer oder gut kalkuliert. Objektiv betrachtet ist der Tarif MedBest zu günstig kalkuliert. Der Versicherer wird den Beitrag erhöhen, um kostendeckend arbeiten zu können.

Haben Sie noch Fragen? Sprechen Sie uns an.

Wir beraten Sie gern - Jetzt kostenfrei informieren.


Die Datenschutzrichtlinien und Erstinformation habe ich zur Kenntnis genommen.

Kalkulieren andere Versicherer Tarife auch augenscheinlich zu günstig?

Versicherer bringen ungefähr alle fünf Jahre neue Tarife auf den Markt. Ganz frisch (12/2021) hat die Hallesche einen neuen Tarif vorgestellt. Wir können die gleiche Methode der ARAG auch bei der Halleschen anwenden und vergleichen den Vorgängertarif mit dem neuen Tarif.

Während die ARAG bei verbesserten Leistungen 170 Euro im Monat günstiger kalkuliert, hat die Hallesche bei dem Tarifupdate nur 15 Euro Preisunterschied. In meinen Augen geht die Hallesche seriöser an das Thema Beitragskalkulation.

Der Vorgängertarif NK.Bonus war genauso lange am Markt wie der Vorgängertarif (200, 220, 529) der ARAG. Deswegen wissen die Versicherer, welche Kosten durch Arztrechnungen zu erwarten sind. Die günstige Kalkulation des MedBest ist entweder unfair den alten Kunden gegenüber oder unfair für die neuen Kunden. Denn wenn der Beitrag zu niedrig ist, kann der Versicherer in den nächsten Jahren die Beiträge erhöhen. Ich sehe hier Anzeichen eines Locktarifs, um Kunden für die ARAG zu gewinnen. Denn Versicherer haben durchaus kalkulatorisch die Möglichkeit bei neuen Tarifen beitragsreduzierende Punkte einzubinden. Im Beitragserhöhungsschreiben der AXA stand vor einigen Jahren sinngemäß “Die Beiträge müssen erhöht werden, weil uns nicht soviele Kunden wie erwartet verlassen haben und die zurückgelassenen Rückstellungen daher nicht so hoch ausgefallen sind”. Ein Versicherer kann also mit Kündigungen beitragsmindernd planen, denn die Kunden lassen Teile der gebildeten Altersrückstellungen beim alten privaten Krankenversicherer.

Interessant ist auch, dass der MedBest-Tarif bei der ambulanten Psychotherapie (100% vs. 90%) sogar bessere Leistungen bietet, als die Hallesche und trotzdem günstiger ist.

Allerdings hat der Tarif der ARAG im Bereich der Hilfsmittel (medizinische Geräte und Körperersatzstücke) ungenaue Formulierungen in den AVB.

  • Das Hilfsmittel muss in einer der körperlichen Beeinträchtigung angemessenen Ausführung bezogen werden. Es ist eine ärztliche Verordnung – auf Verlangen des Versicherers mit medizinisch begründeter Angabe der erforderlichen Funktionalität – vorzulegen.
  • Hilfsmittel mit einem Bezugspreis von unter 1.000 Euro sind ohne vorherige Genehmigung durch den Versicherer erstattungsfähig. Wird ein Hilfsmittel mit einem Bezugspreis ab 1.000 Euro ohne vorherige schriftliche Zusage des Versicherers bezogen, werden 80% des erstattungsfähigen Rechnungsbetrags für die funktionale Standardausführung für die tarifliche Erstattung zu Grunde gelegt. Als Bezugspreis gilt der Preis für die gesamte Versorgung.

Wenn ein Versicherer zusagen muss, kann dieser auch absagen oder die Erstattung nachverhandeln. Worte wie „angemessen“ und „Standardausführung“ sollten in jedem Fall dringend gemieden werden.

Spielt die ARAG in der PKV-Welt eine Rolle?

Wenn Sie vollständig gesund sind und aus allen Anbietern am Markt auswählen können, spielt die ARAG keine Hauptrolle. Der Versicherer zählt im PKV-Bereich eher zu den kleinen Anbietern und hatte 2020 ca. 52.300 Voll-Versicherte.

Diese 52.300 Versicherte teilen sich auf 5 Tarifwerke auf. Diese 5 Tarifwerke (200, %-Tarif, ME, MB, K) haben wieder verschiedene Selbstbehaltsstufen und die Kunden werden zusätzlich nach Alterskohorten (nach Jahrgängen) geclustert. In Summe bedeutet das, dass relativ wenige Kunden pro Tarif und SB-Stufe versichert sind. Zu kleine Kollektive können zusätzlich zu Beitragserhöhungen führen. Erfahrungsgemäß sind mehr Kunden in günstigeren Tarifen versichert. Vielleicht sind 250 Menschen in hochwertigen Tarifen/ Kohorten versichert?

Zum Vergleich: Die Hallesche kommt auf 224.000 Versicherte und der Markt hat im Durchschnitt 274.000 Versicherte.

Schnelles Wachstum – hohe Abschlusskosten

Ist Ihnen die erstaunliche Steigerung der Kundenanzahl bei der ARAG seit 2019 aufgefallen? Das war das Jahr, als die Tarife eingeführt worden sind. Hier die Zahlen noch mal prozentual dargestellt:

Die ARAG gewinnt seit 2019 deutlich mehr Kunden. Heutzutage können Sie durch Strukturvertriebe oder Onlineplattformen in Kombination mit einem günstigen Preis (=Schnäppchen) schnell viele Kunden gewinnen. Ob solche Vertriebsaktionen nachhaltig sind, können wir sicher diskutieren. Was aber häufig passiert: Unorganisches Wachsen führt fast immer zu unzufriedenen Kunden. Denn die Verwaltung kann nicht so schnell mitwachsen.

Was wir aber heute schon sehen können, ist, dass der Vertrieb viel Geld kostet.

Seit Einführung der Tarife (10/2019) steigen die Abschlusskosten massiv an. Nicht in Euro, dass wäre ja klar bei mehr Kunden, sondern prozentual. Das bedeutet für Sie, dass unter Umständen ein monetär incentivierter Vertriebsansatz dazu geführt hat, dass Ihnen der Versicherer angeboten wird.

Welche Alternativen gibt es zur ARAG?

Es ist immer wieder die Frage, ob Sie gesund sind. Wenn Sie im Markt frei auswählen können, gibt es eine 1. Liga. Dazu zählen die Alte Oldenburger, Barmenia, Hallesche, Süddeutsche (SDK) oder Universa. Die SDK hat 2017 auch neue Tarife auf den Markt gebracht. Der Versicherer hat kalkulatorisch genau das Gegenteil zur ARAG gemacht. Der Versicherer hat das Leistungsniveau optimal erhöht und zeitgleich auch den Beitrag höher angesetzt.

Quelle: psp.onlinesuite.de

Die neuen Tarife sind viel leistungsstärker, aber auch teurer geworden.

Die Hallesche bietet einen Hochleistungstarif an, der aus unserer Sicht ordentlich kalkuliert ist. Natürlich gibt es noch andere Anbieter. Die Auswahl des Anbieters hängt maßgeblich von Ihren Leistungswünschen ab. Deswegen ist eine pauschale Empfehlung schwierig.

Wenn allerdings bestehende Erkrankungen bei Neuabschluss die Auswahl an Anbietern einschränken, dann kann auch eine ARAG zum Zug kommen. Ist aufgrund guter Gesundheit die Wahlfreiheit zwischen allen Anbietern gegeben, würde ich anderen Anbietern den Vorzug geben. Wer sich für einen unterkalkulierten Tarif entscheidet, sollte auch einplanen, dass der Beitrag irgendwann nachgezahlt werden muss. Der ARAG-Tarif ist jetzt im vierten Jahr beitragsstabil. Vermutlich werden wir Ende 2022 oder Ende 2023 die erste Beitragskorrektur sehen.

Praxistipp: Bitte achten Sie extrem auf eine genaue Anzeige der Gesundheitsdaten im Antrag. Uns sind einige Fälle angetragen worden, in denen die ARAG im Falle von Leistungen in den ersten fünf Jahren umfangreiche Prüfung über die kassenärztliche Vereinigung durchführt und Versicherungen rückwirkend beendet. Gerade bei gesetzlichen Versicherten ist dann eine umfangreiche Aufbereitung durch Ärzte nötig, hier wird von der ARAG arguemntiert, dass es sich dann um Gefälligkeitsberichte der Ärzte handele. Ein Umstand, der sich dann nur noch juristisch lösen lässt und viel Energie und Kraft kostet. Das ist unnötig.

Gerne helfen wir bei der Auswahl des richtigen Versicherers.

Hier finden Sie weitere PKV-Tarifbewertungen: