Erst Frustkündigung, dann PKV Neuabschluss. Ist das Sinnvoll?

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Björn Kotzan
15. Juni 2018

Erst Frustkündigung, dann PKV Neuabschluss. Ist das Sinnvoll?

Diese Frage stellte sich eine Kundin am Jahresende 2017 und bat KVoptimal.de um Rat. Die AXA hatte angekündigt die Beiträge deutlich zu erhöhen und die Kundin sah sich unter Zugzwang. Durch den zeitlichen Druck und einem Mitarbeiter der Hanse Merkur hat die Kundin viele Fehlentscheidungen getroffen. Wir zeigen auf, was schief lief und wie wir es korrigiert haben.

Das Schreiben zur Beitragserhöhung ging unserer Kundin im November zu. Wirksamkeit wäre der 01.01. gewesen, und damit die Kundin keinen Mehrbeitrag zahlen muss, hat die Kundin im Internet nach Hilfe gesucht. Gefunden hat sie einen Vertriebsmitarbeiter der Hanse Merkur. Der Kollege wird auf Abschlussbasis bezahlt und hat natürlich einen Neuabschluss empfohlen.

Beratungsfehler am laufenden Band

Der Mitarbeiter der Hanse hat viele Fehler in seiner Beratung gemacht. Alleine 20 Jahre Alterungsrückstellungen aufkündigen und neu abschließen ist ein enormer Kapitalverlust. Der gesetzliche Zuschlag lässt sich leicht aufaddieren und der Verlust beträgt rasch 10.000 Euro. Die allgemeinen Alterungsrückstellungen sind ca. 22.000 Euro, bedeutet für unsere Kundin rund 32.000 Euro VERLUST, von dem sie wahrscheinlich nicht einmal wusste, dass es diesen Verlust geben wird.

Zusätzlich ist ein Neuabschluss nur in Unisextarifen möglich. Damit entfällt dauerhaft die Notfalllösung Standardtarif (STN). Auch wenn der STN-Tarif ein Notfall-Tarif ist, so ist es doch eine vollwertige Krankenversicherung. In diesem Fall für ca. 350 Euro monatlich zu haben. Unisex-Tarife bieten nach heutigem Stand nur den Basistarif für den Notfall. Der Beitrag liegt dann bei ca. 650 Euro.

Wer sich neu versichert, muss auch neue Gesundheitsangaben machen. Anders als bei einem Tarifwechsel werden Vorerkrankungen für alle vereinbarten Leistungen bewertet und es können wesentlich höhere Zuschläge als bei einem PKV-Tarifwechsel erfolgen. Schlimm wird es, wenn Angaben falsch sind oder vergessen werden. Doch hier hatte der beratende Mitarbeiter der Hanse Merkur einen besonderen Tipp: Einfach ein anderes Blutdruckmittel angeben. Grund: Die Hanse Merkur bemisst den Zuschlag nach den Kosten des Medikaments. Der Vertreter war so nett und hat das Medikament notiert, welches den geringsten Zuschlag gibt. Dieser Plan ist wirklich verheerend, weil mit Einreichung der ersten Rechnung das richtige Medikament erkannt wird.

 

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Was passiert bei falschen Antragsangaben?

Grundsätzlich ist der Versicherer zur Prüfung in den ersten fünf Jahren berechtigt. Insbesondere wenn eine teure Krankheit auftritt, kann der Versicherer prüfen, über eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung den Vertrag zu beenden oder die Beiträge massiv zu erhöhen. In diesem Fall wurden die Antragsangaben nicht nur geschönt, sondern auch chronische Erkrankungen von der Kundin vergessen. Die Kundin hatte das Gefühl, dass diese Angaben nicht so wichtig sind: chronische Pansinusitis und akute Bronchitis. Wörter wie akut und chronisch sind immer wichtig, gerade bei Kunden im höheren Alter. In diesem speziellen Fall ist die Kundin 56 Jahre alt.

Wie haben wir das Problem behoben?

Wir haben mit einem Freigabeauftrag den Antrag der Hanse Merkur storniert und die gezahlten Beiträge erfolgreich zurück geholt.
Bei der AXA haben wir verschiedene Vorschläge für einen Tarifwechsel eingeholt. Wir haben der Kundin gezeigt, dass die AXA die gleichen Lösungen anbietet, wie die Hanse Merkur und die Rückstellungen vollständig erhalten bleiben. Der Vorgang hat sich über drei Monate gezogen, aber die Kundin hat eine 100 % korrekte Beratung erhalten.

Was haben wir von der Beratung?

Während der Neuabschluss von der Hanse Merkur mit ca. 3.000 Euro Provision vergütet wird, haben wir NICHTS für die Beratung erhalten. Es wird nicht die gute Beratung vergütet, sondern nur der Neuabschluss. Es geht nicht um den Vorteil des Kunden, sondern um den Gewinn der Versicherer. Das sollten Sie immer beachten, wenn Sie mit Versicherern oder Vertretern sprechen.

Fazit

Grundsätzlich gilt, Verträge mit Sparbeiträgen niemals voreilig kündigen, holen Sie sich Rat bei einem UNABHÄNGIGEN Spezialisten. Nach einem Erhöhungsschreiben bleiben zwei Monate Zeit zu reagieren. Auch rückwirkend zum Erhöhungstermin.

Ein Schlusswort zum System:
Abschlussvermittler wollen abschließen. Das Problem an dieser Beratung ist das Versicherungssystem an sich. Abschlussvermittler verdienen nur Geld, wenn sie etwas neu abschließen. Der Kunde hat eigentlich dadruchkaum Vorteile, aber alle anderen Beteiligten verdienen prächtig.

  • Die Hanse Merkur gewinnt einen neuen Kunden.
  • Die AXA behält Alterungsrückstellungen von 20 Jahren ein.
  • Der Abschlussvermittler bekommt eine hohe Provision.

Anders sieht es für die Kunden aus:

  • Die Kundin hat weniger Leistungen als vorher. Trägt das Risiko der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung und wird zukünftige Beitragserhöhungen ohne Abmilderung auf den Vertrag gebucht bekommen. Der Standardtarif entfällt nach aktueller Lage dauerhaft. Dafür liegt die Ersparnis nach Steuervorteil bei ca. 50 Euro monatlich. Wobei alleine der nachträgliche Zuschlag für das richtige Medikament ca. 15 Euro davon aufbrauchen wird. Zusätzlich wurde der Pflegevertrag (PVN) neu abgeschlossen. Das Eintrittsalter ist heute höher als damals und bei identischen Leistungen zahlt die Kundin einfach nur mehr Beitrag.

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