Es bleibt erstmal alles beim Alten

Weiterhin wird eine Gesundheitsprüfung bei Mehrleistungen durchgeführt und kann zu einem Risikozuschlag, Leistungsausschluss und/oder Wartezeiten führen.

Das Urteil vom OLG Karlsruhe vom 14.01.2016 sorgt in der Branche flächendeckend für Aufsehen. Verschiedene Kollegen und Markteilnehmer haben KVoptimal.de GmbH bereits angesprochen, wie das Urteil zu sehen ist für zukünftiges Tarifwechselrecht.
Als Spezialisten haben wir uns das Urteil angesehen, zusammengefasst und ein Fazit gezogen.

Grundsituation des Rechtsstreits:

Versicherungsnehmer – Versicherungsbeginn 1983
Ehefrau Versicherte Person – Versicherungsbeginn 1993
Versicherer: Gothaer
Tarif: GS4 (Bausteine unbekannt)
Zieltarif: MediVita 500 (Bausteine unbekannt)

Zeitlicher Ablauf:

  • Dezember 2011: Dezember 2011: Anfrage Versicherungsnehmer an Gothaer zur Tarifänderung nach §204 VVG.
  • 09.12.2011: Gothaer schickt Angebot mit MediVita 500 (Hinweis auf Gesundheitsprüfung) Preis Versicherungsnehmer: 277,22 | Preis Versicherungsnehmer Ehefrau: 402,01 (Kein Hinweis auf Risikozuschlag (RZ) aus Erstantrag).
  • 10.01.2012: Einreichung Umstellungsantrag inkl. Gesundheitsangaben inkl. Preisen des Angebots vom 09.12.2011.
  • 08.02.2012: Nachtrag Versicherungsschein (Prämie analog Angebot 09.12.2011), Ausweis von jeweils 75,33€ RZ. (umgelegte SB-Reduzierung | 1404€-500€=904:12=75,33€)
  • 10.02.2012: Versicherungsnehmer begehrt die Streichung des Risikozuschlags.
  • 08.08.2012: Neuer Nachtrag zum Versicherungsschein inkl. Der Beiträge und Risikozuschläge wie 08.02.2012 – Hinweis: Risikozuschlag für Versicherungsnehmer (Prostataerkrankung, Osteoporose, Verschleißerkrankungen der Gelenke (Arthrose), Erkrankungen und Veränderungen des Rückens und der Wirbelsäule.) und VP Ehefrau (Fettstoffwechselstörungen, Beinvenenerkrankungen.)

 

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Der Versicherungsnehmer trägt vorDer Versicherungsnehmer trägt vor, dass es sich um eine partielle Mehrleistung (Leistungseinschränkungen im Zieltarif außer die Reduzierung des Selbstbehalts) handelt. Grundsätzlich könne der Versicherungsnehmer nach §204 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VVG nicht von einem Risikozuschlag für, nach Vertragsschluss hinzugetretene Erkrankungen, erheben, da dies der Darlegung der erworbenen Rechte entgegensteht.

Gothaer trägt vor, dass die Reduzierung des Risikozuschlag eine Mehrleistung im Sinne des §204 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VVG darstellt und somit eine Berechtigung für Risikozuschlag, Leistungsausschluss und/oder Wartezeiten besteht. Es sei jedoch in Ermangelung der Selbstbehalt Reduzierung in Höhe von 904€, dass der Risikozuschlag auf 1/12 der Reduzierung begrenzt ist.

Das Landgericht Mannheim teilt mit Urteil vom 02.06.2015 die Auffassung, dass der Versicherungsnehmer nur die Tarifumstellung vollständig rückgängig machen könne und er davon ausgehen hätte können, dass der Risikozuschlag bereits im Angebot enthalten sei. Grundsätzlich habe die Gothaer einen Anspruch auf eine Risikoprüfung, da nicht jede einzelne Leistung im Gegenzug zu einer Minderleistung ins Verhältnis gesetzt wird, sondern jede Leistung einzeln zu betrachten sei. Dabei ist die Reduzierung des Selbstbehaltes als solches eine Mehrleistung, die zu einer Gesundheitsprüfung mit der Erhebung eines Risikozuschlages, Leistungsausschlusses und/oder Wartezeiten führen kann.

Begründung des Oberlandesgericht Karlsruhe:

[Besteht ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf einen Tarifwechsel, so kann der Versicherer, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VVG).] – Quelle: OLG Karlsruhe Urteil vom 14.1.2016, 12 U 106/15 Nr. 43

Er räumt ein den Risikozuschlag auf die Reduzierung des Selbstbehaltes abzustellen nach BGH VersR 2012, 1422, Tz. 8.

Das OLG Karlsruhe stellt in Nr. 45 vollständig auf die Erhebung des Risikozuschlages im Kontext der Erstantragsprüfung ab. Im Gesamtzusammenhang ist zu sehen, dass die Gothaer bereits bei Beantragung den Zuschlag erhoben hat, ob ihm nicht bekannt sein konnte, welche Erkrankungen in der Gesundheitsprüfung hinzugetreten sind. Sollte als der erhobene Zuschlag dabei auf den Erstantrag abgestellt worden sein, kann dieser entstehen, da im Herkunftstarif ein Tarifstrukturzuschlag erhoben wurde oder ein Pauschalzuschlag. Ist dieser im Zieltarif nicht vorgesehen, führt er möglichweise im neuen Tarif zu einem Risikozuschlag.

Fazit:

Es bleibt dabei, dass der Versicherer auch weiterhin bei partiellen Mehrleistungen zur Gesundheitsprüfung berechtigt ist, dies ergibt sich klar aus dem §204 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VVG. Erweitert wird dies noch durch den Münchener Kommentar und Römer / Langheid. Es gibt durch die Beurteilung des OLG Karlsruhe keine klare Stellungnahme, dass man dies nicht so sehe. Vielmehr stellt man an verschiedenen Erklärungen darauf ab, dass bei Mehrleistungen auch eine Prüfung eingefordert werden kann und diese auch zu Risikozuschlägen, Leistungsausschlüssen und Mehrleistungsausschlüsse führen kann. Das vollständige Urteil können Sie einsehen:

OLG Karlsruhe vom 14.01.2016 12U 106/15