PKV: offener oder geschlossener Hilfsmittelkatalog?

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Björn Kotzan
6. Juni 2016
PKV: offener oder geschlossener Hilfsmittelkatalog?
PKV: offener oder geschlossener Hilfsmittelkatalog?

In der privaten Krankenversicherung (PKV) legt jeder Versicherte seinen Leistungsumfang im Vertrag individuell fest. Dies umfasst auch die Versorgung von Hilfsmitteln.

Was ist ein Hilfsmittel?

Ein Hilfsmittel ist medizinische Leistung in Form einer Sache, die von einem zugelassenen Leistungserbringer abgegeben wird um beeinträchtigte Körperfunktionen zu ersetzen, zu erleichtern oder zu ergänzen.

Wie werden Hilfsmittel in der Krankenversicherung im Leistungskatalog geregelt?

In der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt alles dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach §12 SGB V. Unterstütz wird dies durch das Hilfsmittelverzeichnis, welches in der Entscheidung zur Leistung der GKV Hilfestellung gibt.

In der PKV wiederum wird der Katalog, gerade in alten Vertragsgestaltungen (Tarifbedingungen) abschließend aufgelistet. Sodass Neuentwicklungen nicht inbegriffen sind und auch zukünftige Erweiterungen nicht eingeschlossen werden. Die besten Bedingungen der PKV halten dies durch Formulierungen „und ähnliche“ oder „und viele mehr“ offen oder notieren nur übergeordnet die Leistung Hilfsmittel, sodass jedes Hilfsmittel welches als solchen definiert ist, auch versichert ist.

Was leistet meine private Krankenversicherung konkret?

Jeder Versicherer definiert seine Leistungen individuell. Dabei unterscheidet nicht nur jeder Versicherer in den Leistungen der Hilfsmittel, sondern jeder einzelne Tarif kann unterschiedlich geregelt sein. Das bedeutet für Sie, dass ein Versicherer verschiedene Hilfsmittel-Definitionen (Hilfsmittelkataloge) anbietet. Falls Sie ein Hilfsmittel benötigen, entscheidet alleine die Aufzählung in den Tarifbedingungen des jeweiligen Tarifes, ob Sie die Kosten erstattet bekommen.

WICHTIG: Weder der Vertreter noch Makler oder anderweitige Aussagen von Mitarbeitern des Versicherers oder Hochglanzprospekte sind im Leistungsfall entscheidend. Hilfsmittel sind in den Tarifbedingungen definiert. Nur diese aufgezählten Hilfsmittel werden bezahlt.

 

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Wie unterscheidet sich der „offene“ vom „geschlossenen“ Hilfsmittelkatalog?

Fachlich unterscheiden Spezialisten Hilfsmittelkataloge nach geschlossenen oder offenen Formulierungen. Die offene Formulierung gilt dabei erst mal als leistungsstärkere Formulierung, auch wenn es auch hier Unterschiede gibt.

Geschlossene Formulierung: In der Regel handelt es sich hierbei um eine abschließende Aufzählung. Alles was nicht erwähnt wird, ist weder heute noch morgen versichert. Beispiel:

Hanse Merkur Start Fit (KVE 04.12 Seite 63 – MB/KK 2009, TB/KK2009, TEIL II – I. Nr. 1.4)
Als Hilfsmittel gelten ausschließlich: Stoma-, Tracheostoma- und Inkontinenz-Versorgungsartikel; Bandagen; Orthesen und Prothesen, jeweils in funktionaler Standardausführung; die aus medizinischen Fachgeschäften bezogenen Bruchbänder, Leibbinden und Gummistrümpfe, orthopädischen Rumpf-, Arm- und Beinstützapparate, orthopädischen Schuhe,Einlagen, Schuhzurichtungen, Kunstaugen, CoaguCheck-Systeme (Gerinnungsmonitore), Insulinpumpen, Medikamentenpumpen und Absauggeräte; Heimdialysegeräte; Rollatoren und Krankenfahrstühle. Hör- und Sprechhilfen sind bis zu einem Rechnungsbetrag von 1.000 EUR je Versicherungsfall erstattungsfähig. Erstattungsfähig sind auch die Kosten für das Ausleihen und die Reparatur dieser Hilfsmittel. Sauerstoffkonzentratoren, Flüssigsauerstoff, Herz- und Atemmonitore sowie Pulsoxymeter für Säuglinge werden bei bestehender medizinischer Notwendigkeit vom Versicherer zur Verfügung gestellt.

 

Geschlossene Formulierung mit einer Erweiterung zur offenen Formulierung: In der Regel handelt es sich um eine Formulierung, die eine Leistungsaufzählung öffnet oder erweitert. Beispiel:

Hallesche NK (Bisex NK Stand 01|2010, PM 169 – 09.10 Teil III Nr. 1.7)
Es besteht Versicherungsschutz für folgende medizinische Hilfsmittel:
Absauggeräte*, Applikationshilfen (Medikamente/Nahrungsmittel), Atemmonitore*, Bandagen, Beatmungsgeräte, Behindertendreirad, Bewegungsgeräte (Moto-med,Revital, Therafit), Blindenhund (Anschaffung und Ausbildung), Blindenleitgeräte/Blindenstock, Blutdruckmessgeräte, Blutzuckermessgeräte, Bruchbänder, Brustprothesen, CoaguChek-Geräte*, elektrische Lesehilfen, Epithesen, Ernährungspumpen, Gehhilfen/Gehstützen, Herzfrequenzmonitore*, Herzschrittmacher, Hörgeräte, Infusionspumpen, Inhalationsgeräte, Inkontinenzartikel, Inkontinenztrainingsgeräte, Insulinpumpen, Kommunikationshilfen (Sprachausgabegeräte), Impressionsstrümpfe, Körperersatzstücke, Krankenfahrstühle*, Kunstaugen, künstliche Glieder, künstlicher Kehlkopf, Lagerungsartikel (Nachtschienen/Lagerungskissen), Leibbinden, Liegeschalen, nCPAP-Geräte*, Milchpumpen, Orthesen, orthopädische Einlagen zur Fußkorrektur, orthopädische Rumpf-, Arm-, Beinstützapparate, orthopädische Maßschuhe, orthopädische Zurichtungen an Konfektionsschuhen, Perücke, Toupet (in besonderen Fällen), Prothesen (Arm-/Fußprothesen), Pulsoximeter*, Sauerstoffgeräte*, Sauerstoffkonzentratoren*, Säuglingsberwachungsmonitore*, Sitzschalen, Stoma-Versorgungsartikel, TENS-Geräte, Ultraschallvernebler*, UVA-/UVB- Bestrahlungsgeräte, Wechseldruckmatratzen* Darüber hinaus sind grundsätzlich lebenserhaltende Hilfsmittel erstattungsfähig, wenn die lebenserhaltende Funktion durch kein hier genanntes Hilfsmittel gewährleistet werden kann.

 

Offene Formulierung: Es wird auf eine Aufzählung grundsätzlich verzichtet. Beispiel:

Alte Oldenburger A90/100 (A90/100m A80/100 Stand: 01/2013, A Nr. 6)
Hilfsmittel (außer Brillen und Kontaktlinsen) Hierunter fallen technische Mittel, die körperliche Behinderungen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen. Erstattet werden auch Aufwendungen für das Ausleihen von Hilfsmitteln (bis max. zur Kostenhöhe des Anschaffungspreises) und zur Reparatur oder Wartung der Hilfsmittel, jedoch keine Batterien für Hörgeräte.

 

Wichtiges: Eine offene Formulierung ist gut. Sie sollten aber auf begrenzende Hinweise in den AVB achten. Zum Beispiel kann der Passus auf „einfache Ausführung“ , „Standardausführung“ oder „nach vorheriger Zusage“ die Vorteile auch wieder aufheben. In jedem Fall sollten Sie darauf achten, dass keine Summen genannt werden. Auch wenn heute 1. 000 Euro für ein bestimmtes technisches Gerät viel erscheint, so kann die Summe in 10 Jahren kaum noch ausreichend sein.

Offene Formulierung mit Einschränkung: Es wird auf Aufzählungen grundsätzlich verzichtet, aber in Bezug, Genehmigung oder Ausführung eingeschränkt. Beispiel:

Continentale Economy (Economy Teil II Stand: 01.09.2010 B) Nr. 7)
Hilfsmittel sind technische Mittel oder Körperersatzstücke (kein Zahnersatz), die Behinderungen, Krankheits- oder Unfallfolgen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen, ausgenommen Sehhilfen, Heilapparate und sonstige sanitäre oder medizinisch-technische Bedarfsartikel. Erstattungsfähig sind die Kosten für Hilfsmittel in einfacher Ausführung. Übersteigen die Kosten für ein Hilfsmittel 1.000,– Euro, ist vor Kauf ein Kostenvoranschlag einzureichen. Der Versicherer verpflichtet sich, den Kostenvoranschlag unverzüglich zu prüfen und die zu erwartende Versicherungsleistung dem Versicherungsnehmer mitzuteilen. Wird kein Kostenvoranschlag eingereicht oder das Hilfsmittel vor der Mitteilung der zu erwartenden Versicherungsleistung gekauft, werden die tariflichen Leistungen zu 80 % erbracht.

 

Fazit

Seit 2012 haben fast alle Tarife geöffnete Formulierungen, häufig mit nachträglichen Einschränkungen bei Bezug, Genehmigung und/oder Ausführung. Der PKV-Vergleich ist daher komplex. Mit der Entscheidung für einen Versicherer kauft man seine späteren Leistungen ein, welche man vielleicht erst in vielen Jahren benötigt die aber schon heute zu wählen sind. Es ist daher unerlässlich, langfristig zu denken und zu planen. Geben Sie solchen Vergleich in die Hände von Profis.

 

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