Tarifwechsel prüfen

Sind geschlossene Tarife in der PKV wirklich nur von Nachteil?

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Susanne Schimke
3. März 2025
Sind geschlossene Tarife in der PKV wirklich nur von Nachteil?

Wer sich etwas intensiver mit der eigenen privaten Krankenversicherung auseinandersetzt, kommt im Zusammenhang mit Beitragserhöhungen auch irgendwann auf das Thema geschlossene und offene Tarife. Als eine Ursache für steigende PKV-Beiträge wird von vielen – auch von uns – die Vergreisung geschlossener Tarife genannt. Viele fragen interessiert, ob geschlossene Tarife in der PKV wirklich nur nachteilig sind. Hier lesen Sie unsere Antwort darauf.

Geschlossene PKV-Tarife: Wird es immer teurer?

Was ist dran an der weitverbreiteten Meinung, dass besonders ältere Versicherte in geschlossenen Tarifen von jährlichen Beitragsanpassungen betroffen sind. Fast immer wird an dieser Stelle von Vergreisung gesprochen. Der Effekt, wenn ein Tarif für das Neugeschäft geschlossen wird und das Tarifkollektiv gemeinsam alt wird. Dann kommen keine jungen und gesunden Neukundinnen und -kunden mehr aufgenommen – um diese zu gewinnen, legen die privaten Krankenversicherungen neue und leistungsstärkere Tarife mit häufig besonders attraktiven (Einstiegs)Konditionen auf. Die Folge: Durch Todesfälle, interne Tarifwechsel und Kündigungen nimmt die Zahl der Versicherten ab – und die Ausgaben für medizinische Leistungen müssen von immer weniger Versicherten aufgebracht werden. Dem Alter entsprechend steigen die Ausgaben im Durchschnitt, was auch die Tarifgemeinschaft belasten kann, wenn die gebildeten Altersrückstellungen nicht ausreichen und überdurchschnittlich hohe und häufige Beitragserhöhungen auf sie zukommen.

Sind geschlossene Tarife für Frauen teurer als für Männer? Hier lesen Sie mehr dazu.

Der Faktencheck: Beitragsentwicklung in geschlossenen Tarifen

Dass PKV-Tarife irgendwann geschlossen werden, ist nicht ungewöhnlich und passiert vor allem dann, wenn die Versicherer die Krankenversicherungsleistungen „updaten“ bzw. überarbeiten und die Leistungen an den medizinischen Fortschritt anpassen. Im Normalfall werden diese „Upgrades“ in neuen Tarifen realisiert und mit anderen Konditionen angeboten – und im Gegenzug ältere Tarife geschlossen.

Aber wie ist das nun mit der Vergreisung? Zum einen sollte man im Hinterkopf haben, dass die Finanzierung der privaten Krankenversicherungen – anders als der gesetzlichen – nicht über das Neugeschäft bzw. junge, gesunde Versicherte umlagefinanziert wird. Ganz unsolidarisch zahlen alle das, was für Sie laut Ihres Gesundheitszustands bei der Risikoprüfung und statistischen Werten wie der Sterbetafel mit den Sterbewahrscheinlichkeiten pro Geburtsjahr kalkuliert wurde. Die im Alter regelmäßig höheren Kosten sind da bereits als Altersrückstellungen und gesetzlichen Zuschlägen „eingepreist“.

Unter Laborbedingungen bzw., wenn äußere Einflüsse wie Inflation, Pandemie, Zinsen oder Lebenserwartung im statistischen Rahmen bleiben und Zufallsschwankungen durch die eingebauten Puffer aufgefangen werden, wirkt sich eine Vergreisung nicht aus. Im Idealfall ändert sich der zu Vertragsbeginn aufwendig kalkulierte Beitrag also nicht – ein Leben lang.

Ist der Tarif jedoch von Anfang an nicht solide kalkuliert, hat man sich mit Lockpreisen verzockt, können die Beiträge drastisch ansteigen. Durch die staatliche Kontrolle und die strengen Vorgaben für Beitragssteigerungen sind die privaten Krankenversicherungen dazu verpflichtet, Anpassungen beim Übertreffen bestimmter gesetzlicher Schwellenwerte vorzunehmen.

Bei einem anderen Szenario – der sogenannten Entmischung – wirken sich stärkere Schwankungen aus, wenn die verbliebenen Versicherten in einem Kollektiv überdurchschnittlich (ernsthaft) krank werden und vor allem eine Vielzahl der Gesünderen in einen anderen Tarif abwandern. Dann steigen die Beiträge eines geschlossenen Tarifs. Um der Entmischung vorzubeugen, machen die privaten Krankenversicherungen neue und meist leistungsstärkere Tarife teurer als die älteren mit weniger Leistungen.

Geschlossene Tarife müssen nicht automatisch nachteilig sein. Für möglichst gleichbleibende Beiträge auch in geschlossenen Tarifen sind vor allem eine sorgfältige und belastbare Kalkulation sowie eine allgemein stabile Wirtschaft und Gesundheit Voraussetzung. Die Gefahr einer Entmischung und Vergreisung in geschlossenen Tarifen ist definitiv da, aber muss nicht unbedingt eintreten!

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Nachgeschlagen: Die Tarifwelten in der PKV

In der privaten Krankenversicherung unterscheidet man drei Tarifwelten, die durch politisches Wirken auf das Versicherungssystem entstanden sind. Unter anderem wird nicht mehr nach dem Geschlecht unterschieden und Altersrückstellungen können zumindest teilweise zum neuen Anbieter mitgenommen werden:

bis 2007Alte TarifweltgeschlossenbisexFrauen zahlen mehr als Männer  Alterungsrückstellungen gehen bei einem Wechsel des privaten Krankenversicherer vollständig verloren  
2008 bis 2012Neue TarifweltgeschlossenbisexFrauen zahlen mehr als Männer  Alterungsrückstellungen sind bei einem Wechsel der PKV teilweise übertragbar
seit 2013Unisex Tarifweltoffen oder geschlossenunisexFrauen und Männer zahlen gleich viel  Alterungsrückstellungen sind bei einem Wechsel der PKV teilweise übertragbar

Wenn Sie mehr zum Unterschied von Bisex- und Unisex-Tarifen lesen wollen, klicken Sie gern hier.

Fazit: Geschlossene PKV-Tarife

Vorangestellt: Tatsächlich sind auch die geschlossenen Tarife nicht vollständig geschlossen. Gemäß § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) haben diejenigen mit einer bestehenden privaten Krankenvollversicherung grundsätzlich einen Anspruch darauf, jederzeit (und wiederholt) in einen anderen Tarif beim bisherigen Versicherer intern zu wechseln. Tatsächlich können insbesondere Frauen von einem Tarifwechsel in einen neuen (geschlossenen) Tarif profitieren, da sie in alten Bisex-Tarifen aufgrund der Möglichkeit von Schwangerschaft und der statistisch durchschnittlich längeren Lebenserwartung mehr zahlen als Männer.

Inwiefern sich bei einem alten und geschlossenen PKV-Tarif ein Vergreisungseffekt einstellen kann, hängt von der Beitragskalkulation sowie von der Entwicklung der äußeren Faktoren wie Inflation, Kapitalmarkt, Lebenserwartung, Gesundheitskosten etc. ab – und von der Qualität der Versicherungsberatung.

Erfahrene Versicherungsprofis beobachten genau die Beitragsentwicklung der Versicherungen. Sie können einschätzen, wie stabil sie wirtschaften und welche PKV-Tarife für welche Zielgruppe besonders geeignet sind. Die Auswahl eines Tarifs – auch bei einem internen Tarifwechsel – ist immer eine individuelle Entscheidung und sollte bei einer Tarifvielfalt von bis zu 600 Tarifkombinationen pro Anbieter sorgfältig abgewogen werden.

Als ungebundene Versicherungsexperten finden wir für Sie heraus, welche die geeignetsten – und für Sie bezahlbaren – Tarife sind bzw. welche Optionen (wie ein Tarifwechsel) für Sie sinnvoll sind. Wir sind auch für Sie da, wenn es darum geht, einen passenden neuen PKV-Tarif zu finden.

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