Weniger Nettogehalt durch den Wechsel in die PKV?

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Björn Kotzan
28. Mai 2020

Das Nettoeinkommen kann sinken, wenn Arbeitnehmer oder gutverdienende Selbständige von der gesetzlichen Kasse in die PKV wechseln. Beratungstechnisch wird die Steuerthematik beim Systemwechsel häufig ausgeklammert. Mit der ersten Gehaltstabrechnung kommt dann die Überraschung.

Beitrag, Leistungen und Steuer

Wer über einen Wechsel in das PKV-System nachdenkt, vergleicht Leistungen und Beiträge. Für viele Kunden sind das die wichtigen Parameter. Fast immer ist diese Betrachtung aber zu kurz gegriffen. Seit 2010 werden die Beiträge zur Krankenversicherung steuerlich abgesetzt (BEG = Bürgerentlastungsgesetz). Wer 800 Euro für eine gesetzliche Kasse bezahlt hat und heute 800 Euro für den PKV-Vertrag bezahlt, wird nicht die gleichen Beitragshöhe absetzen können. Wir zeigen die wichtigen Unterschiede in der steuerlichen Betrachtung von GKV und PKV-Beiträgen. Wer diese Unterschiede kennt, kann den PKV-Vertrag steueroptimiert aufbauen. Doch zuerst zu den Basics.

Kann ich meine Beiträge zur GKV steuerlich absetzen?

Ja. Die Beiträge werden automatisch von der Krankenkasse an das zuständige Finanzamt übermittelt. Die Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung gehören zur Basisabsicherung und können vollständig von der Steuer abgesetzt werden. Gleiches gilt für den Zusatzbeitrag, der bei den Kassen unterschiedlich hoch ausfällt. Steigt der Kassenbeitrag oder der Zusatzbeitrag, wird auch die gezahlte Erhöhung steuerlich wirksam.
Wichtig: Wer bei seiner Kasse Wahlleistungen versichert, kann diesen Extrabeitrag nicht steuerlich absetzen. Auch der Zusatzbeitrag für die Lohnfortzahlung (Krankengeld) kann nicht abgesetzt werden.

Kann ich meine PKV-Beiträge steuerlich absetzen?

Ja. Der private Versicherer übermittelt die gezahlten Beiträge direkt an das zuständige Finanzamt. Allerdings können PKV-Leistungen von der Basisversorgung abweichen. In der PKV wird zwischen Basisleistungen und Komfortleistungen unterschieden. Die Beiträge für die Basisleistungen werden für die Leistungen berechnet, die dem gesetzlichen Niveau entsprechen und können vollständig abgesetzt werden. Der Beitragsanteil, der den Komfortleistungen zuzurechnen ist, kann nicht abgesetzt werden.

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Welche Leistungen machen die Komfortleistungen aus?

Jeder Versicherer berechnet für die Komfortleistungen einen Beitragssatz. Der Beitragsanteil, der für folgende Leistungen erhoben wird, kann nicht steuerlich abgesetzt werden:

  • Wahlleistungen im Krankenhaus (Einbettzimmer oder Zweibettzimmer und private Arztwahl/ Privatarzt/ Chefarzt)
  • Hohe Zahnersatzleistungen
  • Weltgeltung
  • Arzthonorare über dem 3,5fachen Satz
  • Leistungen für Naturheilkunde und Heilpraktiker
  • Krankenhaustagegeld
  • Usw.

Durch eine individuelle Leistungsauswahl können PKV-Beiträge mehr oder weniger steuerlich abgesetzt werden. Als Faustformel gilt, dass ca. 80% der PKV-Beiträge steuerlich abgesetzt werden können. Wer 800 Euro für seinen PKV-Vertrag bezahlt, kann folglich ca. 640 Euro absetzen. Im Vergleich zur GKV mit 800 Euro Beitrag fehlen 160 Euro, die steuerwirksam investiert werden. Deshalb sollten alle Leistungsteile genau abgewogen werden. Beispiel:

  • Versicherer 1 kostet 800 Euro und leistet Heilpraktiker unbegrenzt.
  • Versicherer 2 kostet 800 Euro und leistet Heilpraktiker 1.000 pro Jahr.

Wer die geringen Leistungen für den Heilpraktiker akzeptiert, könnte beim Versicherer 2 einen höheren steuerlichen Vorteil, aufgrund des geringen Anteiles der Komfortleistungen, haben. Hier gilt es zu prüfen, welches Angebot nach Steuer besser für Sie ist.

Hinweis: Die Beiträge zur Basisabsicherung können als Sonderausgabe in unbegrenzter Höhe abgesetzt werden. Es gibt weder eine Obergrenze in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung für gezahlten Beiträge.
Expertentipp: Wenn der private Versicherer die Beiträge an das Finanzamt übermittelt, werden ausgezahlte Beitragsrückerstattungen davon abgezogen. Mit anderen Worten: Wer einen großen Teil der Rechnungen selbst zahlt, um die Beitragsrückerstattung zu bekommen, wird eventuell nach Steuerbetrachtung einen Verlust erleiden. 

Wie stark sind das Nettogehalt bei einem Wechsel in das PKV-System?

Grundsätzlich ist das von vielen Parametern abhängig (Beitragshöhe, Risikozuschläge, Selbstbeteiligung, Leistungsniveau, etc.). Es lässt sich aber pauschal über Brutto/Nettorechner im Internet arbeiten.
Angenommen, unser Musterkunde zahlt in der PKV und GKV die gleiche Beitragshöhe, ist kinderlos und hat 6.000 Euro Bruttoeinkommen monatlich, dann ergeben sich folgende Nettogehälter:

  • In der gesetzlichen Kasse werden aus 6.000 Bruttoeinkommen im Monat rund 4.000 Euro.
  • In der privaten Versicherung werden aus 6.000 Bruttoeinkommen im Monat rund 3.938 Euro.

Das Nettogehalt sinkt in diesem standardisierten Fall um 62 Euro im Monat.
Dieser Vergleich beinhaltet nicht die exakte Aufsplittung nach Basis- und Komfortleistung. Bei einer individuellen Berechnung muss der Beitragsanteil für die Komfortleistungen noch ausgerechnet werden. Das Delta kann damit größer werden.
Grundsätzlich können wir sagen, dass ein Wechsel in das PKV-System bei einem hohen Einkommen in jungen Jahren einen Steuernachteil beinhalten kann. Am deutlichsten wird der Unterschied bei der sozialen Pflegeversicherung. Die Leistungen sind in der gesetzlichen Kasse und in der privaten Versicherung identisch. Die Beiträge können nicht unterschiedlicher sein:

  • Beitrag Pflegeversicherung GKV: ungefähr 160 Euro im Monat. 
  • Beitrag Pflegeversicherung PKV: ungefähr 44 Euro im Monat.
    • Für eine 45jährige Person.

Wer wenig zahlt, setzt auch weniger ab. Deshalb kann zusätzlich mehr Beitrag in andere Bausteine steuerwirksam investiert werden:

  • Beitragsentlastungstarife
  • Reduzierung Selbstbehalt
  • Modifizierte Leistungen

Welchen steuerlichen Effekt haben Beitragsreduzierungen durch Selbstbehaltserhöhungen?

Fast alle Versicherer bieten die gleichen Tarifleistungen mit unterschiedlichen Selbstbehalten an. Im Allgemeinen gilt, dass Arbeitnehmern Tarife mit geringeren Selbstbehalten angeboten werden. Grund: Der Arbeitgeber beteiligt sich nicht am Selbstbehalt (obwohl der dürfte). Dennoch kann über Selbstbehalte gearbeitet werden. Der steuerliche Nachteil hält sich in Grenzen.
Zum besseren Verständnis vergleiche ich den aktuellen Hochleistungstarif der SDK. Variante links hat 240 Euro und Variante rechts 480 Euro Selbstbehalt. Durch den erhöhten Selbstbehalt sinkt der Beitrag 103,09 Euro.

Weniger Nettogehalt durch den Wechsel in die PKV?

Die Zahlbeitrag nach der steuerlichem Betrachtung ergibt folgendes Bild:

775,83 € Gesamtbeitrag 672,72 €
630,55 € Beitrag Basisleistung 530,61 €
242,63 € Abzug Zuschuss AG 194,17 €
97,10 € 40% Steuersatz 77,67 €
290,82 € Zahlbeitrag nach Steuer 258,69 €

Final kostet Tarifkombination links monatlich 290,82 Euro. Tarifkombination rechts kostet 258,69 Euro. Die Beitragsreduzierung von 103,09 Euro schmilzt durch den Steuernachteil auf 32,13 Euro. Trotzdem lohnt sich die Variante zwei, weil der Selbstbehalt nur um 20 Euro monatlich erhöht ist. Netto betrachtet ist Variante zwei 12,13 monatlich günstiger. Je nach Versicherer fällt diese Bewertung mehr oder weniger positiv für den Kunden aus.

Kann der Steuernachteil gemindert werden?

Ja. Dazu muss man sich etwas mehr mit dem PKV-Thema beschäftigen. Wirksam ist ein intensives Gespräch über Wünsche und Vorstellung der PKV. Danach lassen sich gute Angebote erstellen. Wir helfen gerne dabei. Insgesamt lassen sich durch eine kluge Gestaltung viel Geld sparen.

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