Wer zahlt mir eigentlich Kur- und Reha-Maßnahmen?

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Marcel Liesegang
21. Juni 2018

Wer zahlt mir eigentlich Kur- und Reha-Maßnahmen

Möglichkeiten einer Rehabilitation zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben gibt es reichlich. Sie dient dem primären Ziel eine gefährdete oder bereits geminderte Erwerbsfähigkeit zu verbessern oder wieder herzustellen, zumindest jedoch eine Verschlechterung zu vermeiden. Davon sollen langfristig Versicherte und Rententräger profitieren. Versicherte bleiben längere Zeit erwerbstätig, der Rententräger hingegen freut sich über die anhaltende Beitragszahlung – so zumindest der Grundgedanke.

Die Frage wann und von wem man Reha-Maßnahmen oder Kuren erstattet bekommt, ist hingegen nicht immer so leicht zu beantworten und betrifft immer mehr Menschen. Die Lebenserwartung steigt und die medizinische Versorgung verbessert sich stetig. Seit den frühen 90er-Jahren ist eine stetig zunehmende Anzahl an Patienten für Vorsorge und Reha-Behandlungen zu verzeichnen. Gleichermaßen gibt es einen Zuwachs an Behandlungsmöglichkeiten und verfügbarer Kapazitäten. (Quelle: Destatis)

Die häufigsten Gründe für Rehabilitationsmaßnahmen sind:

  • Erkrankungen des Wirbelapparats, Muskeln und des Bindegewebes
  • Psychische Erkrankungen (ohne Suchterkrankungen)
  • Neubildungen – Krebserkrankungen
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • neurologische Erkrankungen
  • Stoffwechsel und Verdauung
  • Suchterkrankungen
  • Sonstige Diagnosen

Quelle: Reha-Bericht GRV 2018

Auffällig hierbei ist die Steigerung der Rehaleistungen bei psychischen Erkrankungen. Diese stieg um 45 % in den letzten 16 Jahren. Andere Erkrankungsbilder haben sich im Betrachtungszeitraum reduziert.

Frauen nehmen Rehaleistungen wegen psychischer Erkrankungen und Neubildungen (Krebsleiden) dabei deutlich häufiger in Anspruch als Männer. Männer wiederum leiden häufiger an Herz- und Kreislauferkrankungen und Suchterkrankungen. Frauen und Männer in der medizinischen Rehabilitation sind durchschnittlich nahezu gleich alt: Frauen 52,7 Jahre, Männer 52,2 Jahre. Auch bei beruflichen Rehabilitation sind durchschnittlich Frauen und Männer gleich alt: Frauen 46,8 Jahre, Männer 46,9 Jahre.

Als Grundsatz gilt – REHA vor RENTE

Sämtliche im Erwerbsleben befindliche Personen, welche die Voraussetzungen für den Erhalt der Leistungen durch den Rententräger erfüllen, haben Anspruch auf die Wiederherstellung und Eingliederung in das „Arbeitsleben“. Hierbei müssen sie jedoch unter den diversen Leistungserbringern unterschieden.

  • Rententräger – Voraussetzungen für den Erhalt von Reha-Maßnahmen sind:
  • 6 Monate Pflichtbeiträge in den letzten 2 Jahren
  • eine Erwerbsfähigkeit ist erheblich gefährdet oder bereits gemindert
  • Reha nur alle 4 Jahre (es gibt gesundheitliche Ausnahmen)
  • es darf kein „Ausschlussgrund“ vorliegen – Beamte erhalten i. d. R. keine Leistung des Rententrägers

Es prüft jeweils der entsprechende Rententräger, ob Ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Die Versicherungsrechtlichen Voraussetzung des Rententrägers finden Sie hier: https://dejure.org/gesetze/SGB_VI/11.html

  • gesetzliche Krankenversicherung (GKV) – Rentner glauben oft, dass Reha-Maßnahmen im Rentenalter nicht möglich sind. Dem ist nicht so. Grundlage ist das SGB V § 11, Abs. 2. Hier heißt es:

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. 2 Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. 3 Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist. Link: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__11.html

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ist darüber hinaus im § 40 SGB V geregelt https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__40.html

  • Beihilfestelle (Lehrer, Polizisten, Finanz- und Steuerverwaltung oder Justizverwaltung)
  • Leistungserbringer ist die Beihilfestelle des entsprechenden Bundeslandes, sofern der Status per Definition der eines Beihilfeberechtigen ist.

  • Versorgungswerk (Architekten, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Apotheker oder Steuerberater)
  • Anders als Angestellte zahlen Mitglieder nicht in die Rentenkasse, sondern in die berufsständige Versorgung ein. Somit entfällt der Anspruch auf Kuren durch den Rententräger. Sprechen sie bitte mit Ihrem Versorgungswerk, um heraus zu bekommen, ob und in welchem Maße Rehabilitationsmaßnahmen übernommen werden.

  • Besonderheit private Krankenversicherung (PKV)
  • Wie immer ist das Leistungsniveau des Tarifs ausschlaggebend, ob eine Leistung erstattet wird.

 

Werden auch Ihre Leistungen erstattet? Sprechen sie uns an.

 

… daher ACHTUNG bei Selbstständigen und privat versicherten Rentnern

Wer selbstständig und privat krankenversichert ist, zahlt häufig nicht in die gesetzliche Rente ein und sorgt tendenziell lieber privat vor. Nur ein kleiner Teil zahlt weiterführend zumindest ihren freiwilligen Pflichtbeitrag an den Rententräger. Daraus ergibt sich der Umstand, dass Kur- bzw. Reha-Maßnahmen nicht vom Rententräger übernommen werden, da die Voraussetzungen, wie beschrieben, nicht erfüllt sind. Achten Sie daher besonders auf die Absicherung im Reha- und Kursegment in der PKV. Gerade in handwerklichen und pflegerischen Berufen ist mit zunehmendem Lebensalter mit Reha-Maßnahmen zu rechnen. Sollte diese Leistung in ihrem Tarif nicht vorgesehen sein, ist eine Unterbringung in einem Reha- oder Kurort oft aus der eigenen Tasche zu zahlen. Erinnerung: Der häufigste Grund für Reha-Maßnahmen sind Verschleißerscheinungen der Gelenke.

Ein ähnliches Schicksal kann auch privat versicherten Rentner bevorstehen, welche sich nicht den oben genannten Leistungsbringern zuordnen lassen. Mit Bezug der Regelaltersrente (dies gilt auch für seinerzeit Angestellte in der PKV) entfällt in fast allen Bereichen der Rententräger als Leistungserbringer. Doch gerade nach dem Erwerbsleben steigt oftmals die Notwenigkeit einer Reha oder Kur.

Worauf sollten Sie achten?

Leistet Ihr Versicherer generell für Kuren oder Reha-Maßnahmen? Wenn ja, in welchem Umfang. Viele Tarife leisten zum Teil gar nicht, viele wiederum nicht ausreichend und schließen z. B. die Kosten für die Unterbringung aus (durchschnittliche Kosten pro Tag ca. 80 – 140 € täglich). Wieder andere zahlen nur einen Tagessatz, der häufig zu gering ist. Des Weiteren werden oft bestimmte Grundvoraussetzungen formuliert. Beispielsweise verlangen Versicherer bei der Rehabilitation nach einem stationären Krankenhausaufenthalt (AHB – Anschlussheilbehandlung), dass die Leistung für vier Wochen gewährt wird und maximal drei Wochen nach Beendigung des Krankenhausaufenthaltes angetreten werden muss. Dies ist für Patienten mit Krebsleiden häufig medizinisch nicht möglich.

Generell gilt der Grundsatz, dass Ihr PKV-Tarif einem privat ausgehandelten Vertrag entspricht, eine Leistungszusage wie in der GKV, die auf dem SGB basiert, gibt es demnach nicht. Daher Augen auf bei der Tarifwahl.

Im Folgenden einige Beispiele:

Esprit (Grundalge: DRK 1846 O1JT7913 01.12 – Bisextarif) – Signal Iduna ehemals Deutscher Ring (teilweise Leistung)

Der Tarif leistet nur bei ambulanten Kurmaßnahmen für Behandlungen des Arztes und Heilpraktiker, Arznei-, Verband- und Heilmitteln. TEIL III Nummer 3.1 i) in Verbindung mit Nummer 3.1 a), b) und c).

Stationäre Kur- und Rehaleistungen sind nicht versichert. Wir die Anschlussheilbehandlung wie eine stationäre Heilbehandlung ausgeführt, wird diese wie eine stationäre Akutbehandlung erbracht.

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Tarif CA mit CSR100– Hallesche (teilweise Leistung)

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§4 MB/KK – Teil II Abs. 6a und 7d | Teil III II. A) 3.


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Stationäre Kur- und Rehamaßnahme und Anschlussheilbehandlung werden mit 360€ monatlich bezuschusst. Eine zusätzliche Absicherung ist zwingend erforderlich.

 

Tarif SELECT – HUK (teilweise Leistung mit geringem Tagessatz)

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Tarif ELBonus-U (keine Leistung)

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Barmenia – einsA Expert (gute Leistungen mit hohem Tagessatz)

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Was können Sie tun?

Prinzipiell sollten Sie bei der Tarifwahl langfristig denken. Leistungen, die heute nicht wichtig erscheinen, können es in Zukunft sein. Solange Sie angestellt sind, werden Kur- und Reha-Maßnahmen vom Rententräger gezahlt, im Rentenalter drohen bei mangelnder Absicherung hohe Zuzahlungen. Sprechen Sie uns also vor der Auswahl eines geeigneten Tarifs an.

Wir helfen Ihnen sämtliche Leistungen mit der entsprechenden Weitsicht, zu beurteilen. Sollten Sie bereits privat versichert sein, haben Sie die Möglichkeit durch einen Tarifwechsel einen passenden Tarif mit den entsprechenden Leistungsmerkmalen zu finden. Wir prüfen ebenfalls, ob eine geeignete Absicherung mit einem Zusatztarif durch ein Kurtagegeld infrage kommt. Häufig bieten Versicherer eine passende Alternative an, die als „Refinanzierung“ der Zuzahlung genutzt werden kann. Wir helfen Ihnen gern weiter.

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