Machen Selbstbeteiligungen in der privaten Krankenversicherung Sinn?

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Anja Glorius
22. Oktober 2022
Machen Selbstbeteiligungen in der privaten Krankenversicherung Sinn?
Machen Selbstbeteiligungen in der privaten Krankenversicherung Sinn?

Alle PKV-Versicherer bieten PKV-Tarife auch mit Selbstbehalt an. Es gibt sogar viele Tarife in der privaten Krankenversicherung, die bei identischen Leistungen als einzigen Unterschied die verschiedenen Stufen der Selbstbeteiligung bieten. Was sollten Sie wissen, wenn Sie einen Tarif mit Selbstbehalt bei Ihrer PKV abschließen oder im Rahmen eines Tarifwechsels innerhalb der privaten Krankenversicherung einen Tarif mit höherem Selbstbehalt wählen?

Inhalt

PKV: Selbstbeteiligung und Alterungsrückstellungen

Gerade für junge Kunden ist es wichtig, einen Tarif mit wenig Selbstbehalt in der PKV zu wählen. Natürlich ist eine private Krankenversicherung mit weniger Selbstbehalt auch preisintensiver. Aber der höhere Beitrag basiert nicht nur darauf, dass Sie als Kunde weniger Eigenkosten tragen müssen, sondern auch auf eine höhere Quote der Alterungsrückstellungen.

Ein Blick auf die aktuellen DKV-Tarife zeigt das deutlich:

  • Der Tarif PNM0 kostet monatlich 882,90 Euro und hat keine Selbstbeteiligung.
  • Der Tarif PNM1 kostet monatlich 774,41 Euro und hat keinen 300 Euro Selbstbeteiligung. Monatlich betrachtet beträgt die Selbstbeteiligung 25 Euro (300:12) und addiere ich die 25 Euro Selbstbeteiligung auf den Beitrag ergibt sich folgendes Bild:
    • PNM0=882,90
    • PNM1=779,41 Euro (774,41+25)

Der höhere Beitrag zur PKV ist folglich nicht nur auf die geringere Selbstbeteiligung zurückzuführen, sondern auch auf die höheren Alterungsrückstellungen. Deshalb müssen gerade junge Arbeitnehmende immer einen Tarif ohne Selbstbeteiligung wählen. Der Arbeitgeber beteiligt sich dann durch den Arbeitgeberzuschuss zur privaten Krankenversicherung am Aufbau eines Rückstellungspolsters für später. Im Rentenalter oder später können dann diese Alterungsrückstellungen genutzt werden, um durch einen Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft Beiträge zu reduzieren.

Wir können beim Beispiel der DKV bleiben:

Wer im Rentenalter vom PMN0 in den PMN2 wechselt, hat zwar zukünftig 1.500 Euro Selbstbeteiligung, spart aber heute schon über 304 Euro Beitrag. Wenn dann nach 30 Jahren Versicherungszeit noch die Verrechnung der Alterungsrückstellungen dazu kommt, können Sie mit 500 Euro Beitragsreduzierung im Rentenalter planen.

Was bedeutet „Verrechnung der Alterungsrückstellungen“ bei der privaten Krankenversicherung?

Einfach gesagt trifft der private Krankenversicherer hohe Vorkehrungen, weil Sie einen Tarif ohne Selbstbeteiligung gewählt haben.

  1. Der Kunde möchte, dass wir als Versicherer alle Rechnungen bezahlen, deswegen kalkulieren wir hohe Alterungsrückstellungen ein.

Wechseln sie jetzt im Rentenalter in einen Tarif mit Selbstbehalt, ändert der Versicherer seine Kalkulation.

  • Der Kunde möchte 1.500 Euro jährlich an Arztrechnungen selbst zahlen, deswegen haben wir zu hohe Alterungsrückstellungen vorsorglich angespart und verrechnen diese jetzt.

Aus diesen Verrechnungen entstehen hohe Beitragsnachlässe. Aus diesem Grund ist ein Tarif mit niedrigem Selbstbehalt in der privaten Krankenversicherung auch immer eine Art der Altersvorsorge.

Selbstbeteiligung und Inflation in der PKV

Selbstbeteiligungen werden immer in Euro genannt. Nehmen wir den Tarif PMN2 der DKV mit 1.500 Euro Selbstbeteiligungen. Das klingt heute nach einer sehr hohen Selbstbeteiligung. Doch bei nur 2 % Inflationsrate entsprechen die 1.500 Euro in 30 Jahren nur noch ca. 828 Euro Kaufkraft. Der Schrecken eines hohen Selbstbehalts verblasst über die Jahrzehnte.

Darum sind Tarife mit unterschiedlichen Höhen der Selbstbeteiligung aus heutiger Sicht ein wichtiger Punkt für die privaten Krankenversicherer, wenn dieser Tarife mit identischen Leistungen aber unterschiedlich hohen Selbstbehalten anbietet.

Selbstbeteiligung und steuerlich Absetzbarkeit von Beiträgen bei Ihrer PKV

Sie können PKV-Beiträge steuerlich absetzen. Wenn Sie aber den Beitrag durch einen Selbstbehalt senken, sinkt auch die Quote, mit der Sie Ihren PKV-Vertrag absetzen können.

Doch selbst bei hohen Steuersätzen ist der Vorteil der Beitragsreduzierung höher als der Steuervorteil zu bewerten. Aber Achtung: Bei Arbeitenden kann das Verhältnis kippen. Denn der Arbeitgeber senkt zeitgleich durch die Reduzierung des Beitrages den Arbeitgeberzuschuss.

Sie sollten als arbeitender genau nachrechnen. Der Beitrag höhe Selbstbeteiligungen, Arbeitgeberzuschuss und Steuersatz sind die entscheidenden Parameter. Allerdings kann es auch Sinn machen, vorsätzlich den Selbstbehalt zu erhöhen, um Arbeitgeberzuschuss für wertvolle Zusatztarife der PKV freizumachen. Dazu zählt insbesondere ein Krankentagegeld (Lohnfortzahlung) und Beitragsentlastungstarife in der privaten Krankenversicherung.

Selbstbeteiligung und Arbeitgeberzuschuss in Ihrer privaten Krankenversicherung

Der Arbeitgeber beteiligt sich am PKV-Beitrag, aber nicht an der Selbstbeteiligung. Es gibt aber dennoch die Möglichkeit, den Arbeitgeber am Selbstbehalt zu beteiligen. Denn jeder Arbeitgeber hat die Möglichkeit, jährlich bis zu 600 Euro SB-Kosten für einen Arbeitnehmenden steuerfrei zu übernehmen. Denken Sie an diese Punkte bei den nächsten Gehaltsverhandlungen.

Haben Sie noch Fragen?

Sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gern. Jetzt kostenfrei informieren.

Selbstbeteiligung in der PKV wieder reduzieren

Versicherungsrechtlich ist eine Senkung der Selbstbeteiligung eine Leistungsverbesserung bei einem internen Tarifwechsel. Damit ist eine nachträgliche Reduzierung des Selbstbehalts nur mit Gesundheitsprüfung möglich.

Bestehen Erkrankungen darf der Versicherer die Reduzierung des Selbstbehalts mit einem Risikozuschlag verteuern. In der Praxis machen das die Versicherer auch. Das bedeutet für Sie als Kunde, dass es im höheren Alter kaum eine Möglichkeit gibt, mit bestehenden Erkrankungen den Selbstbehalt zu reduzieren.

Expertentipp: Risikozuschläge können nachträglich bei längerem Entfall der Erkrankung reduziert werden oder sogar ganz gestrichen werden.

Einzige Ausnahme sind Sonderrechte in den allgemeinen Versicherungsbedingungen. Manche Versicherer haben das Recht, den Selbstbehalt zu festen Zeitpunkten ohne Prüfung der Gesundheit zu verändern.

Oder es gibt Optionsrechte, welche eine Reduzierung erlauben. Die Hallesche bietet diese Option in der Elternzeit. Eine versicherte Person darf bei Beginn der Elternzeit den Selbstbehalt zur Beitragsreduzierung erhöhen und nach der Elternzeit ohne Prüfung der Gesundheit wieder senken. Achtung: Diese Recht ist eine Kulanzleistung und nicht gesetzlich verankert.

Selbstbeteiligung und Vorsorgeuntersuchung in der PKV

Ein wichtiger Aspekt bei Ihrer privaten Krankenversicherung ist das Thema Früherkennung von Krankheiten und vorsorgliche Untersuchungen. Heutzutage bieten viele private Krankenversicherer an, die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen zu tragen trotz Selbstbeteiligung. Achten Sie bei der Auswahl des PKV-Versicherers auf solche Formulierungen.

Die DKV hat Vorsorgeuntersuchungen in Bezug auf die Selbstbeteiligung in der PKV, wie folgt geregelt:

Keine Zuzahlungen im Vorsorgebereich senken Ihre Vertragskosten zur PKV. Gerade für Männer sind solche Regelungen wichtig. Denn die wenigsten Männer machen nach unserer Erfahrung Vorsorgeuntersuchungen, wenn MANN gesund ist und dann auch noch für die Vorsorgeuntersuchungen bezahlen muss. Solche Regelung können deshalb Ihr Leben verlängern.

Bei Frauen ist das etwas anderes. Frauen hören unserer Erfahrung nach mehr auf ihren Körper und machen deutlich mehr Früherkennungsuntersuchungen.

Maximaler Selbstbeteiligung in der PKV

Grundsätzlich sind die Selbstbeteiligungen abhängig vom gewählten Tarif bei der PKV. Es gibt aber auch Tarife, welche eine sehr hohe Selbstbeteiligung haben. Ein Klassiker ist der Tarif Comfort von der Continentale. Dieser Tarif berechnet 20 Euro Selbstbehalt pro Untersuchung, Behandlungstag oder Medikament und 50 EUR je Hilfsmittel. Im Gegenzug ist der Tarif sehr günstig.

Solche Tarife (alle Tarife) haben eine gesetzliche Höchstgrenze der Selbstbeteiligungen. Die Höchstgrenze liegt bei 5.000 Euro jährlich für ambulante und stationäre Rechnungen. Im Zahnbereich gibt es keine Deckelung der Selbstbeteiligungen.

Was gibt es für Selbstbeteiligungs-Arten in der privaten Krankenversicherung?

Im Wesentlichen gibt es vier Arten von Selbstbeteiligungen in der PKV.

1. Absolute Selbstbeteiligungen

Es wird pro Jahr eine feste Summe als Selbstbeteiligung vereinbart. Zum Beispiel 1.500 Euro pro Jahr. Damit werden pro Jahr die ersten 1.500 Euro an Arztrechnungen selbst getragen.

2. Prozentuale Selbstbeteiligungen

Es fällt pro Rechnung ein prozentualer Selbstbehalt an. Zum Beispiel 10 %. Damit zahlen Sie 10 % pro Rechnung selbst. Dazu gibt es noch eine maximale Zuzahlung: 10 % pro Rechnung, maximal 500 Euro im Jahr (als Beispiel der Allianz private Krankenversicherung – APKV).  

3. Bereichsselbstbehalt

Im PKV-System gibt es drei Leistungsbereiche. Diese Bereiche heißen ambulante Leistung, stationäre Leistungen und dentale Leistungen. Manche Versicherer berechnen eine absolute oder prozentuale Selbstbeteiligung nur für einen Bereich. Die Hanse-Merkur sagt zum Beispiel, dass jährlich 500 Euro (absolut) Selbstbeteiligungen aus dem ambulanten und dentalen PKV-Leistungsbereich kumuliert anfallen, aber nicht für den stationären Bereich.

In PKV-Angeboten werden die Bereiche oft als ASZ abgekürzt (Ambulant, Stationär und Zahn). In diesem Fall bedeutet das, dass der Selbstbehalt jährlich 1.500 Euro beträgt und für alle Leistungsbereiche gilt. Aber nicht pro Bereich, sondern zusammengerechnet aus allen angegebenen Leistungsbereichen der privaten Krankenversicherung!

4. Leistungsbergenzungen

Neben verschiedenen Arten von Selbstbeteiligungen gibt es aber noch Leistungsbegrenzungen. Zum Beispiel leistet die Hallesche im Tarif NK.SelectXL maximal 90 % pro Einheit der ambulanten Psychotherapie.

Für wen ist eine Selbstbeteiligung in seiner PKV gut?

Für wen eine Selbstbeteiligung in der PKV gut ist, hängt stark von der beruflichen Position ab. Pauschal lässt sich sagen, dass für Verbeamtete und Arbeitnehmende eine Selbstbeteiligung in der PKV weniger sinnvoll sind. Kommen beim Arbeitnehmenden noch viele Kinder dazu, kann sich diese Einschätzung aber ändern, weil er den Höchstzuschuss zur privaten Krankenversicherung bereits übersteigt.

Für Unternehmende und Selbstständige ist dagegen ein Selbstbehalt schon eher sinnvoll. Auch für Verrentete kann das Thema Selbstbeteiligung Sinn machen.

Aber Achtung: Für einen Rentner oder Rentnerin, welche vorher Arbeitnehmende waren, sollte der PKV-Beitrag nicht unter 400 Euro durch Selbstbeteiligung gesenkt werden. Ansonsten sinkt der Zuschuss von der gesetzlichen Rentenversicherung zur Krankenversicherung.

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