Starke Beitragserhöhung der Pflegepflichtversicherung in 2023

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Anja Glorius
9. Januar 2023
Starke Beitragserhöhung der Pflegepflichtversicherung in 2023
Starke Beitragserhöhung der Pflegepflichtversicherung in 2023

Es scheint sich als eine „schöne“ Regelmäßigkeit zu entwickeln, dass alle drei Jahre eine Erhöhung der Pflegepflichtversicherung für Privatversicherte ansteht: Nach 2017 und zuletzt 2020 bringt auch das neue Jahr 2023 eine Beitragssteigerung der Pflegepflichtversicherung (PPV) für Angestellte und Selbstständige mit sich. Wie bei der letzten Anpassung steigen ab dem 1. Januar 2023 die Prämien erneut teilweise um bis zu 35 Prozent. Zum Vergleich: 2017 waren es immerhin 29 Prozent. Wir nennen die Gründe, warum die Beiträge zur PKV Pflegepflichtversicherung steigen, zeigen Ihnen, wie sich das auf Ihre Beiträge auswirkt und schätzen diese Entwicklung kritisch ein.

INFO Pflegepflichtversicherung

Die Pflegeversicherung umfasst häusliche und stationäre Leistungen und wurde 1995 als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt, um das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern. Die Geld- und Sachleistungen repräsentieren den gesetzlichen Mindestschutz und decken die Leistungen nicht vollumfänglich ab. Die private Pflegepflichtversicherung ist der sozialen Pflegeversicherung für gesetzlich Krankenversicherte im Leistungsumfang gleichgestellt. Es gelten branchen¬einheitliche Allgemeine Versicherungsbedingungen.

Eine Befreiung von der Versicherungspflicht ist nicht möglich: Wer privat krankenversichert ist, muss eine private Pflegepflichtversicherung abschließen. Die Beiträge bemessen sich u. a. am Eintrittsalter und Gesundheitszustand bei Vertragsbeginn, wobei Vorerkrankungen nicht ausgeschlossen werden dürfen und auch hier der Höchstbetrag der sozialen Pflegeversicherung gilt. Allerdings können für neu geschlossene Verträge abweichende Bedingungen gelten.

Warum wird die Pflegepflichtversicherung 2023 teurer?

Pflegestärkungsgesetz II 2017, Veränderungen im Pflegegesetz 2020, Pflegereform 2022. Vor allem politische Entscheidungen im Bereich der Pflege scheinen auf die Beiträge der Pflegepflichtversicherung Einfluss zu nehmen. Aber nicht nur …

Kostenfaktor: Corona-Pandemie

Das Corona-Virus ist mit voller Wucht über den Planeten getobt und hat nicht nur enorme zusätzliche Kosten für die Pflege erkrankter Menschen in Milliardenhöhe verursacht, sondern auch viele Schwachstellen des deutschen Pflegesystem gnadenlos demaskiert. Der 2022 temporär eingeführte Corona-Zuschlag zur anteiligen Finanzierung von pandemiebedingten Mehrausgaben ist mit dem Jahresende ausgelaufen.

Kostenfaktor: Pflegekräfte / Pflegereformen

Mit Ach und Krach – und im Vergleich mit den meisten anderen Ländern noch verhältnismäßig glimpflich – ist Deutschland dank seines belastbaren Gesundheitssystems durch die Pandemie gekommen. Das hat auch zur Folge, dass in der Pflege das passiert, was in der gesetzlichen Krankenversicherung undenkbar ist, Leistungen werden ausgeweitet:

  • Zuschüsse für Pflegeheimbewohner nach Eigenanteil und Aufenthaltsdauer: 5 bis 70 % des Eigenanteils:
Jahre Aufenthalt im Heim prozentualer Zuschuss
im 1. Jahr5 % des pflegebedingten Eigenanteils (nicht für Kost und Logis etc., Ausbildungskosten oder Investitionskosten müssen nach wie vor selbst getragen werden)
im 2. Jahr25 % des pflegebedingten Eigenanteils
im 3. Jahr45 % des pflegebedingten Eigenanteils
ab dem 4. Jahr70 % des pflegebedingten Eigenanteils
  • 5 % mehr Pflegesachleistungen (ambulante Pflege)
  • 10 % mehr für Kurzzeitpflege, zudem: gesetzlich starke Anreize für den Ausbau der Kurzzeitpflege

Jüngst beschlossene Pflegereformen sehen zudem vor, dass Pflegeeinrichtungen nur noch dann zugelassen werden, wenn sie Tariflöhne oder damit vergleichbare Gehälter zahlen. Geplant sind weiterhin neue, bundeseinheitliche Personalschlüssel, um die Beschäftigten in der Pflege zu entlasten und die Qualität der Pflege zu verbessern. Allesamt Reformen, die zu gestiegenen Leistungsausgaben und damit zu stetig steigenden Kosten in der Pflegepflichtversicherung führen.

Kostenfaktor: Niedrigzinsen

Ein Dauerbrenner für Kostensteigerungen und Beitragserhöhungen allgemein ist die anhaltende Niedrigzinswirtschaft. Viele Versicherer mussten schon tief an ihre Rücklagen gehen, um die entgangenen Zinseinnahmen auszugleichen. Grundsätzlich sind die Unternehmen dazu verpflichtet, jährlich alle Tarife zu überprüfen. Werden bestimmte Schwellenwerte übertroffen, dürfen bzw. müssen Beitragsanpassungen vorgenommen werden. Ein Lichtblick ist die eingeleitete Zinswende der Europäischen Zentralbank, die steigende Zinserträge und eine gewisse Entspannung bei Beitragssteigerungen erwarten lässt.

Kostenfaktor: demografischer Wandel

Seit Jahren besteht Pflegenotstand: Das bedeutet, dass immer mehr Pflegebedürftige von immer weniger Pflegekräften betreut werden. Bedenkt man den Effekt des demografischen Wandels, wird die Situation sich in den kommenden Jahren von allein nicht entspannen – im Gegenteil. Dabei ist die positive Entwicklung der Anzahl an Mitarbeitenden in der stationären oder ambulanten Pflege durchaus ermutigend: ihre Zahl hat sich zwischen 1999 von über 600.000 auf 1,2 Millionen im Jahr 2019 nahezu verdoppelt. Da aber gleichzeitig die Zahl der Pflegebedürftigen noch einmal kräftiger gestiegen ist, wird die Lage hier dramatischer:

Jahr Anzahl Leistungsbezieher (ambulant + stationär)
2010142.700
2014169.300
2015178.100
2016188.600
2017211.600
2021272.700

Quellen: Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2019 l Statistik der privaten Pflegeversicherung; Bundesministerium für Gesundheit

Allein die Zahl der Leistungsempfänger in der privaten Pflegeversicherung hat sich von rund 143.000 im Jahr 2010 auf 292.000 im Jahr 2021 mehr als verdoppelt. Immer mehr Menschen erhalten Pflegeleistungen. Das lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass die Versicherten immer älter – und damit pflegebedürftiger – werden und dass durch die vergangenen Reformen, immer mehr Menschen an Pflegeleistungen teilhaben können.

Kostenfaktor: Finanzierung

Wer bezahlt für die Pflegeleistungen? Die Beitragszahler in der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegepflichtversicherung. Wer bezahlt die Mehrkosten durch die aktuelle Leistungsausweitung? Hier öffnet sich eine Schere, denn während für gesetzlich Versicherte zur Gegenfinanzierung ein Bundeszuschuss aus Steuermitteln über eine Milliarde Euro jährlich vorgesehen ist und ihr Beitrag zur Pflegeversicherung stabil bleibt, müssen Privatversicherte höhere Beiträge für ihre Pflegepflichtversicherung leisten. Für die aktuelle Reform müssen von ihnen immerhin mindestens 150 Millionen Euro jährlich erbracht werden.

Haben Sie noch Fragen?

Sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gern. Jetzt kostenfrei informieren.

Die Kosten der Pflegepflichtversicherung ab 2023: Was erwartet Sie?

Der durchschnittliche Monatsbeitrag in der Pflegepflichtversicherung liegt bei rund 104 Euro. Obwohl die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung für gesetzlich Versicherte durch Steuermittel subventioniert werden, muss diese Gruppe im Durchschnitt mehr leisten. So zahlen kinderlose Durchschnittsverdiener rund 122 Euro, Besserverdienende bei Einkünften an der Bemessungsgrenze bis zu 170 Euro.

Quelle: PKV-Verband

Die Leistungen der Pflegepflichtversicherung ab 2022

Die Leistungen der Pflegepflichtversicherung richten sich nach dem jeweiligen Pflegegrad:

Pflegegrad Pflegegeld Pflegesachleistung Leistung bei teilstationärer Pflege Leistung bei vollstationärer Pflege
1—-125 €(Entlastungsbetrag)125 €(Entlastungsbetrag)125 €(Entlastungsbetrag)
2316 €724 €689 €770 €
3545 €1.363 €1.298 €1.262 €
4728 €1.693 €1.612 €1.775 €
5901 €2.095 €1.995 €2.005 €

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

DenEntlastungsbetrag von 125 Eurokönnen Pflegebedürftige, die zu Hause betreut werden, beispielsweise zur Wahrnehmung von Betreuungsangeboten (Demenzcafés, Einzelbetreuung zu Hause, Angebote in Selbsthilfegruppen, Pflegeeinrichtungen) sowie für Pflegebegleitung, Haushaltsführung, Begleitdienste, Botengänge etc. einsetzen.

Zu teuer? Zu wenig? So können Sie Ihre Pflegepflichtversicherung optimieren!

Auch wenn – wie wir sehen – regelmäßig viel Aufmerksamkeit und Geld in die Reform der Pflegeversicherung fließt, sind damit nicht alle Kosten abgesichert. Vielen ist bereits dieser Mindestschutz zu teuer. Für beide Meinungen haben wir jeweils einen guten Rat.

Durch Tarifoptimierung Beiträge senken in Pflegepflichtversicherung und privater Krankenversicherung

Anders als gesetzlich Versicherte, die abhängig von der Höhe ihres Einkommens in die Pflegekasse einzahlen, können Privatversicherte ihren Tarif jederzeit wechseln. Bei einer sogenannten Tarifoptimierung prüfen wir Ihren Versicherungsstatus und beraten Sie zu passenderen (neuen) Angeboten und Tarifkombinationen – unabhängig und unverbindlich. So zahlen Sie beispielsweise nur für das, was Sie wirklich brauchen oder Sie versichern Zusatzleistungen, auf die Sie Wert legen zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Der interne Tarifwechsel laut § 204 VVG macht es möglich, dass Sie ohne Verlust von Altersrückstellungen unkompliziert wechseln können. Vor allem für langjährig Versicherte lohnt sich ein Vergleich – und sind größere Beitragseinsparungen möglich.

Durch den Abschluss einer Pflegezusatzversicherung die Pflegekosten im Griff behalten

Die Pflegeleistungen sind für alle gleich, aber sie decken die in Anspruch genommenen, nötigen oder gewünschten Leistungen nicht vollständig ab. Entweder werden hier Abstriche gemacht oder mehr Geld in die Hand genommen. Eine private Pflegezusatzversicherung sichert mehr Leistungen ab und verringert Ihren Eigenanteil, auch bei steigenden Pflegekosten. Zudem ermöglicht die private Pflegezusatzversicherung nicht selten, dass Pflegebedürftige so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben können und grundsätzlich länger eigenständig und mobil bleiben.

Fazit: Was können wir Positives von der Beitragssteigerung der Pflegepflichtversicherung 2023 mitnehmen?

Obwohl die Privatversicherten keine staatlichen Zuschüsse zu ihren Beiträgen für die Pflegepflichtversicherung erhalten, bleiben die Beiträge im Durchschnitt deutlich unter denen in der sozialen Pflegeversicherung (GEK). Dass Pflegekräfte eine fairere Bezahlung als bisher verdienen, haben wohl spätestens jetzt alle verstanden. Wichtig ist auch, die Zuzahlungen für Pflegeplätze im Heim zu begrenzen, wobei nicht klar ist, wie nachhaltig die beschlossenen finanziellen Hilfen sein werden, wenn beispielsweise die Tarifentlohnung kommt und den Effekt weitgehend aufhebt. Eine weitere Pflegereform in vielleicht wieder drei Jahren darf niemand mehr überraschen …

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