Nettotarife in der Altersvorsorge

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Björn Kotzan
19. November 2019
Nettotarife in der Altersvorsorge

Nettotarife in der Altersvorsorge

Nettotarife in der Altersvorsorge sind für jeden Sparer ein Traum. Es gibt eine ganze Reihe von Versicherungsunternehmen, die solche Tarife anbieten. Doch es gibt nur einen echten Nettoversicherer. Was sind Nettotarife, wie funktionieren diese und warum sind diese Tarife besser zur Rente als alle anderen Fondspolicen am Markt? Fragen über Fragen und hier kommen die Antworten.  

 

Was sind Nettotarife in der Altersvorsorge?

Der Begriff Nettotarif ist nicht fest definiert. In der Honorarberatung werden Tarife ohne Abschluss- und Vertriebsprovision als Nettotarife oder Honorartarife bezeichnet. Für den Abschluss/ die Vermittlung wird keine Abschluss-Provision fällig und stattdessen entrichtet der Käufer ein Honorar als Vergütung für den Berater. Provisionstarife werden deshalb auch als Bruttotarife bezeichnet. Durch die fehlenden Abschlusskosten entsteht ein Kostenvorteil, der sich über die Jahrzehnte deutlich positiv für den Käufer erwiesen. Provisionsfreie Tarife genießen immer noch ein Nischendasein, obwohl die Vorteile für den Kunden offensichtlich sind. In Kombination mit ETF-Fonds können Lebens- und Rentenversicherung hochwertige Kapitalanlagen werden. Provisionsfreie Tarife gibt es für alle Sparformen: Riester und Rürup (Basis-Rente), klassische Rentenversicherungen, fondsgebundene Rentenversicherungen und Direktversicherungen (betriebliche Altersvorsorge).

 

Wie sind Nettotarife entstanden?

In der Finanzwelt geht es um das Verkaufen von Produkten. Häufig entstehen Patt-Situationen vorm Kunden. Wenn zwei Berater dem Kunden ein ähnliches Produkt anbieten, dann entscheidet sich der Kunde für das bessere Angebot. Vermutlich sind aus dieser Problemstellung Nettotarife entstanden. Kommt eine Patt-Situation auf, dürfen Vertreter dem Kunden ein Nachlass einräumen. Ende der neunziger Jahre wurden solche Tarife auch als Wettbewerbstarife bezeichnet. Dahinter verbirgt sich eine einfache Funktion: Das Versicherungsunternehmen reduziert die vertraglichen Kosten, damit sich die Werte des Angebots verbessern und aus einer Patt-Situation ein Abschluss werden kann. Diese Wettbewerbstarife können die Vertragskosten bis auf einen Bruchteil der normalen kosten reduzieren. In der günstigsten Variante verzichtet der Vertreter auf die Abschlussprovision (aus einem Provisionstarif wird ein provisionsfreier Tarif) und das Unternehmen reduziert einen großen Teil der Verwaltungskosten. Heute werden solche Tarife als Nettotarife bezeichnet.
Einfach gesagt: Nettotarife oder Nettopolicen sind vom Leistungsumfang identisch mit normalen Tarifen, haben aber deutlich geringere Vertragskosten. Durch den Kostenvorteil verbessern sich die Vertragswerte für den Kunden. 

 

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Welche Vorteile bringen Nettotarife?

Damit der finanzielle Vorteil deutlich wird, berechnen ich die Unterschiede von einer normalen Police zur Nettopolice anhand eines Beispiels: 500 Euro Beitrag, 30 Jahre Anlagedauer, 5% Rendite. Insgesamt werden 180.000 Euro eingezahlt. Der finanzielle Vorteil ist enorm.

⇒ Richtige Nettotarife verzichten auf alle Abschlusskosten und Vertriebskosten. Wer heutzutage bei einem Vertreter eine Police abschließt, muss 2,5% aller zukünftigen Beiträge als Provision entrichten. Das gilt auch für Internetportale wie Check24 und ähnliche. Die Provision wird mit den Beiträgen der ersten fünf bis zehn Jahre verrechnet. Zusätzlich wird aus den Kundengeldern noch eine laufende Bestandspflegeprovision für den Vermittler bezahlt. Alle Provision schmälern den Wert Ihrer Geldanlage.

Die Abschluss- und Vertriebskosten (Alpha-Kosten) entfallen. Es werden 4.500 Euro Provision eingespart.

⇒ Zusätzlich werden noch die Verwaltungskosten reduziert. Denn im Endeffekt sind wir noch bei der Mentalität der Wettbewerbstarife. Der Gesamtumsatz mit Nettotarifen ist so gering, dass häufig einfach die Mitarbeitertarife für den Honorar-Vertrieb freigeben werden. Das bedeutet, dass der Kunden die gleichen Konditionen bekommen, wie Mitarbeiter des Versicherers. Teilweise werden nur noch 50% der normalen Verwaltungsgebühren berechnet und sind damit deutlich kostengünstiger als Normaltarife.

Die Verwaltungskosten (Beta-Kosten) sind reduziert. Anstatt 5% laufend werden nur noch 2% laufend berechnet. Beträgt die Verwaltungskostenquote 5%, sind das über die gesamte Laufzeit 13.388,82 Euro Euro. Sinkt die Quote auf 2%, fallen nur noch 7.378.,31 Euro.  Der Vorteil beläuft sich auf 6.010.49 Euro.

 

⇒ In der Altersvorsorge sind die Kapitalanlagekosten die größte Kostenquote. Besonders heimtückisch für Kunden, denn die Kostenquote ist in den AVB der Versicherer immer die kleinste Note. Doch die Kapitalanlagekosten beziehen sich auf das Volumen der Geldanlage in der gesamten Laufzeit. Wer 100.000 Euro eingezahlt hat und zwei Prozent Kostenquote hat, bezahlt jedes Jahr 2.000 Euro an Kosten. Diese Kostennote wird unabhängig von der Beitragszahlung berechnet. Auch, wenn der Sparvertrag beitragsfrei gestellt ist laufen die Kosten weiter. Hinweis: Auch eine Bestandsprovision (für die Betreuung) wird weiterhin gezahlt. 

Die Kosten für die Kapitalanlage (Gamma-Kosten) werden reduziert. Eine Kostenquote der Kapitalanlagekosten von 2,0% bedeutet über die gesamte Laufzeit Kosten von 73.783,12 Euro. Sinken die Kapitalanlagekosten auf 1,0% werden noch 41.486,79 Euro berechnet. Der Kostenvorteil liegt bei 32.296,33 Euro

 

In Summe spart der Nettotarif auf 30 Jahre bei 42.806,82 Euro Kosten gegenüber der Bruttopolice. Durch die verringerten Kosten erhöht sich der Anlageerfolg. Während der Laufzeit entsteht ein Zinseszinsgewinn, der sich über die gesamte Laufzeit potenziert. Die Kosten für die Fondsanlage blende ich aus, weil Fonds immer individuell zu betrachten sind. Wobei dieses Angebot fiktiv ist. Wir sind natürlich auch in der Lage echte Angebote abzubilden. Dazu vergleiche einen normalen Tarif mit zwei guten Nettotarifen (MyLife und Alte Leipziger):

tabelle Auszug mathematische Gutachten Honorarkonzept.de

Wenn Sie die Angebote auf das Wesentliche reduzieren, Vertriebsrauschen ausblenden, erhalten Sie bei 5% Rendite und nach Steuern 97.943,79 Euro Vorteil. Bei Bruttotarifen werden alle Kosten immer von den Einzahlungen abgezogen. Keine Versicherungsgesellschaft zeigt nach Vertragsbeginn schlüssig auf, wie hoch die Kosten im Einzelnen sind. In der Honorarvermittlung, bzw. bei uns werden diese Kosten immer transparent aufgezeigt. Von Vertragsbeginn bis Vertragsablauf. 

 

Schlechte Altersvorsorge ist wie Tütensuppe

Die Industrie für Altersvorsorge ist eine einzige Marketingveranstaltung. Viele Angebote von Versicherungen oder Banken sind mit hohen Kosten belastet. Die Kosten, die Sie bezahlen, werden genutzt, um in Marketingkampagnen darzustellen, wie großartig die Angebote wären. Teure Verträge in der Altersvorsorge sind wie Tütensuppe in der Ernährung. Geschmacklich geht es irgendwie, aber was Gutes ist es nicht.
Würden Sie sich nur von Tütensuppe ernähren? Schlechte Ernährung führt zu sofortigen Konsequenzen: dick, träge, müde. In der Altersvorsorge ist es ähnlich. Keine Rendite, keine Gewinne und weniger drin als eingezahlt. Der aufmerksame Sparer entdeckt nach ca. zehn Jahren, dass ein Vertrag schlecht ist. Der unaufmerksame Sparer entdeckt das Problem erst zum Schluss. 

 

Kann Altersvorsorge schön sein?

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Ein Urlaub oder ein Auto kann schön sein. Ein Bild oder ein Film kann schön sein. Ein Altersvorsorge-Vertrag kann nicht schön sein. Es handelt sich um ein Versicherungsvertrag. So was ist niemals schön. Trotzdem glauben Kunden, wenn sie dieses oder jenes Produkt haben, dass das etwas Schönes ist. Dieser Ansatz ist falsch und führt zu einer Produktblindheit. Von diesem Phänomen leben alle Finanzunternehmen. Das ist auch der Grund, warum viele Finanzberater Krawatte und Anzug tragen.

 

Wie kann ich gute Nettotarife identifizieren?

Es gibt drei Parameter beim Sparen: Die Beiträge, die Sie zahlen wollen. Die Entwicklung des Marktes (Performance) und die Kosten des Sparprodukts. Genau wie Bruttotarife unterscheiden sich auch Nettotarife. Das Problem ist nicht nur, solche Angebote zu vergleichen, sondern der Abschluss an sich. Denn provisionsfreie Produkte sind in der Regel nicht frei verkäuflich, sondern bleibt Honorarberatern vorbehalten.
Der Kosten Vergleich erfolgt über die Produktinformationsblätter. Es gibt Produkte, die sind für Geldanlage mit Einmalbeiträgen besser. Andere sind besser für monatliche Beitragszahlung, andere für jährliche Beitragsentrichtung. Auch die Durchführungswege (Riester-Rente, Rürup-Rente, Private-Rente) unterscheiden sich in den Kosten. Teilweise werden die gleichen Produkte zu unterschiedlichen Konditionen angeboten. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Die Allianz hat Gruppenverträge mit zwei der größten Unternehmensberatungen der Welt. Die Konditionen könnten unterschiedlicher nicht sein.

 

Auszug Produktinformationsblatt – Trotz Gruppenvertrag fast Normalkonditionen:

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Auszug Produktinformationsblatt – Stark reduzierte Konditionen im Vergleich zu Normalkonditionen:

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Die Zeche zahlen Sie. Oberflächlich sind beide Angebote ähnlich. Im Detail ist eine Direktversicherung wesentlich schlechter als die andere. Wenn Sie für sich eine gute Investition haben wollen, sollten Sie genau nachschauen, was Sie besparen. Die Fondskosten werden hier nicht angezeigt. Das ist auch nicht notwendig, weil in beiden Produkten die gleichen Fonds gewählt werden können.

 

Welche Versicherer bieten Nettotarife an?

Auch wenn nur einer kleiner Teil Nettotarife anbietet, werden es dennoch mehr. Diese Aufzählung ändert sich laufend und ist nur ein erster Anhaltspunkt. Fast alle Tarife existieren auch in einer Bruttoversion. 
Die Alte Leipziger bietet alle Varianten (Riester, Rürup, Privat, Direktversicherung) als Nettotarif an. Darüber hinaus bieten die Allianz, Canada Life, Condor, Continentale, Die Bayerische, Fairr, Ideal, Inter, Interrisk, LV1871, MyLife (reiner Nettoanbieter), Nürnberger, Prisma Life, Standard Life, Stuttgarter, Vienna Life und der Volkswohlbund Nettotarife an. 

 

Warum bieten nicht alle Versicherer Nettotarife an?

Es gibt in Deutschland fast 200.000 Menschen, die mit dem Versicherungsverkauf ihr Geld verdienen. Diese Menge an Verkäufer lässt sich besser mit Provisionen bezahlen. Denn wenn Kunden immer wüssten, welche Provisionen fließen, würden weniger Kunden abschließen.

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Honorarberater oder Unternehmen wie wir, die sich auf Honorarberatung spezialisiert haben, sind vermutlich nur in einer kleinen vierstelligen Zahl (<2.500 Berater) am Markt vertreten. Aktuell ist die Lobby der Versicherungsbranche zu stark, um eine flächendeckende Honorarberatung durchzusetzen. Eventuell ändert sich das zukünftig. Ein neuer Provisionsdeckel (Begrenzung der maximalen Vertriebsprovision in Altersvorsorgeprodukten) ist politisch bereits in der Vorbereitung. Allerdings wird der Deckel vermutlich viel kleiner ausfallen als gedacht. 

 

Sind die Kosten in der Altersvorsorge ausschlaggebend?

Ja. Wie erwähnt, gibt es nur drei Zutaten bei einer Altersvorsorge: Der Kapitalanleger und dessen Beiträge, die Kosten des Produkts, der Markt und seine Rendite. Es ist nicht möglich, die Entwicklung des Marktes vorherzusagen. Es kann sein, eine Marktbewegung mitzugehen, aber die Vorhersage ist nicht möglich. Die anderen beiden Parameter lassen sich bestimmen. Die Kombination der drei Zutaten ergibt, ob das Essen schmeckt. 

 

Was zeichnet gute Altersvorsorge aus?

Die Vertriebswelt erzeugt ein permanentes Rauschen und Glänzen. Blenden wir dieses Vertriebsgetöse aus, bleibt ein einziger messbarer Unterschied über. Die vertraglichen Kosten entscheiden, ob Altersvorsorge gut sein kann. Das macht das Thema so gefährlich. Stellen Sie sich vor, es gäbe ein Ranking, indem nur nach Vertragskosten gefiltert wird. Dann wäre ein Versicherer ganz oben und alle anderen dahinter. Es gibt noch weitere Parameter, wie zum Beispiel die Auswahlmöglichkeiten der Fonds (Fondsauswahl). Wenn das Fonds-Universum aller Versicherungsunternehmen identisch ist, haben wir wieder eine Patt-Situation. Deswegen ist der wichtigste Unterschied, die Kosten, die der Produktgeber von Ihrem Geld einbehält, um den Vertrag zu führen.
Alle Kosten müssen seit 2009 in den Verträgen offengelegt werden. Deswegen können wir diese Kosten vergleichen und berechnen, welches Produkt lohnt. Es gibt keine feste Vorgabe, wie hoch Kosten maximal sein dürfen. Manche Anbieter berechnen Kosten vom laufenden Beitrag und andere vom Vertragswert. Es ist nicht ganz einfach, die Kosten richtig zu deuten. Trotzdem ist der Vergleich gut möglich.

Gerne helfen wir weiter, wenn Fragen sind.

Weitere Themen dazu:
https://lvoptimal.de/blog/allgemein/sind-fondpolicen-oder-fondssparplaene-als-altersvorsorge-besser/

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