Das Sonderkündigungsrecht in der PKV

Jetzt teilen via
Anja Glorius
10. April 2018

Das Sonderkündigungsrecht in der PKV

Ärgerlich ist es allemal: Die private Krankenversicherung erhöht einmal mehr die Beiträge oder teilt Ihnen mit, dass bestimmte Leistungen zukünftig nicht mehr eingeschlossen sind. Sie müssen das jedoch nicht hinnehmen. Wie bei anderen Verträgen, sind auch bei PKV-Verträgen die Bedingungen für Kündigungen im Vertragswerk geregelt. Zu unterscheiden ist hier nach ordentlicher und außerordentlicher Kündigung mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen. Wir zeigen Ihnen, welche Kündigungsmodalitäten wie Fristen en détail gelten, in welchen Fällen Sie von Ihrem Sonderkündigungsrecht in der PKV Gebrauch machen können und was Sie dabei beachten sollten.

Das Sonderkündigungsrecht in der PKV

Seit Einführung der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung in Deutschland mit Jahresbeginn 2009 ist es für die Versicherer fast unmöglich, den PKV-Vertrag von einzelnen Mitgliedern zu kündigen. Der Versicherte hat da mehr Spielraum und darf entweder ordentlich, also ohne Grund, laut den Vertragsbedingungen, oder außerordentlich mit besonderem Grund und einem Sonderkündigungsrecht zum Beispiel den PKV-Anbieter wechseln oder zur gesetzlichen Krankenversicherung zurückkehren.

Die ordentliche Kündigung eines PKV-Vertrags

Eine private Krankenversicherung darf durch den Versicherten in der Regel zum Ablauf des Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Meist fällt das Versicherungsjahr mit dem Kalenderjahr zusammen. Hier enden die Verträge jeweils am 31.12. und der Stichtag für eine Kündigung ist der 30.09. Andernfalls beginnt das Versicherungsjahr mit dem tatsächlichen Versicherungsbeginn. In diesem Fall endet der Vertrag jährlich einen Tag vor Aufnahme des Vertrages.

Zusätzlich gibt es eine weitere Frist zu beachten: Meist vereinbaren die PKV-Unternehmen sogenannte Mindestversicherungslaufzeiten von ein bis zwei oder sogar von bis zu drei Jahren. Mindestversicherungslaufzeiten beschreiben den Zeitraum von abgeschlossenen PKV-Verträgen, bevor sie das erste Mal gekündigt werden können. Ob das Versicherungsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt beziehungsweise ob und wie lange eine Mindestversicherungslaufzeit festgelegt ist, können Sie in Ihren Versicherungsunterlagen nachlesen.

Grundsätzlich ist die Kündigung der privaten Krankenkasse verbunden mit einem Wechsel zu einem anderen Anbieter immer genauestens zu prüfen und selten die beste Option. Bei der Kündigung gehen in der Regel die angesammelten Altersrückstellungen verloren beziehungsweise fallen diese an die verbliebenen Mitglieder im Versicherungskollektiv. Die Neuversicherung ist durch die fehlenden Altersrückstellungen auch meist um einiges teurer.

 

Wünschen Sie eine ausgiebige Beratung? Sprechen Sie uns an.

 

Bevor Sie also über eine Kündigung Ihrer PKV entscheiden, sollten Sie prüfen beziehungsweise prüfen lassen, ob ein interner PKV-Tarifwechsel für Sie in Frage kommt. Bei einem internen Wechsel bleiben Sie bei Ihrem Anbieter und erhalten alle Rechte und Rückstellungen und Sie erhalten die Chance, in einen neueren Tarif mit günstigeren Beiträgen und oftmals sogar mit einem größeren Leistungsumfang zu wechseln. Viele Versicherte wissen nicht, dass Ihnen ebenso wie das Sonderkündigungsrecht auch ein Tarifwechselrecht nach den VVG zusteht. Versicherungsexperten wie KVoptimal.de beraten Sie unabhängig und fachgerecht zu den besten Tarifalternativen und erstellen für Sie ein kostenfreies und unverbindliches PKV-Gutachten.

Wann darf der Versicherer den PKV-Vertrag kündigen?

Wie oben erwähnt, besteht das ordentliche Kündigungsrecht einseitig, da die Versicherungen nur in wenigen Ausnahmefällen kündigen dürfen – nicht einmal dann, wenn der Versicherte seine Beiträge nicht bezahlt. So wird vom Gesetzgeber verhindert, dass sich die Versicherungsgesellschaften zum Beispiel von teuren Mitgliedern wie älteren oder kranken Versicherten auf einfachem Wege trennen können.

Arglistige Täuschung

Wenn der Versicherte bei der Gesundheitsprüfung im Fragebogen vorsätzlich oder arglistig falsche Angaben gemacht hat, gilt das als Anzeigenpflichtverletzung beziehungsweise sogar als arglistige Täuschung. Hier hinein fällt beispielsweise das Verschweigen von Vorerkrankungen oder absolvierten Therapien. Kann dies eindeutig nachgewiesen werden, hat die Versicherung das Recht, den Vertrag mit einem Monat Frist zu kündigen. Im Falle der arglistigen Täuschung kann er vom Vertrag zurück treten. Auch hier gelten laut Versicherungsvertragsgesetz (VVG) weitere Fristen: Grundsätzlich ist die Kündigung nur innerhalb der ersten fünf Jahre möglich. Bei Vorsatz und Arglist innerhalb von zehn Jahren.

Hat der Versicherte nicht grob fahrlässig falsche Angaben gemacht, darf seine private Krankenkasse den Vertrag nicht zwingend beenden, sondern muss einen Risikozuschlag und/oder Leistungsausschluß anbieten, wenn er den Vertrag unter Kenntnis der gefahrerheblichen Umstände bei Vertragsschluss zu gesonderten Bedingungen angenommmen hätte. Hat der Versicherungsnehmer nicht grob fahrlässig gehandelt, was er beweisen muss, wird der Zuschlag und/oder Ausschluß ab der laufenden Versicherungsperiode fällig. Hat er grob fahrlässig gehandelt wird der Zuschlag und/oder Ausschluß ab Beginn (also rückwirkend) fällig.

Die außerordentliche Kündigung (Sonderkündigungsrecht PKV)

Rechtlich ist die außerordentliche Kündigung PKV beziehungsweise das Sonderkündigungsrecht in § 205 Abs. 2 und 4 VVG geregelt.

Ein Sonderkündigungsrecht besteht, wenn:

  • der Versicherer den Beitrag erhöht oder seine Tarife bzw. Leistungen einschränkt.
  • der Versicherte versicherungspflichtig wird, das heißt aufgrund eines geringeren Einkommens in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln muss.
  • der Versicherte in die gesetzliche Familienversicherung eintritt.
  • der Versicherte Anspruch auf Heilfürsorge hat.

 

Sobald die private Krankenkasse die Beiträge erhöht oder die Leistungen verändert, ist sie einerseits verpflichtet, ihre Mitglieder rechtzeitig vorab zu informieren und Sie können als Versicherter ein außerordentliches Kündigungsrecht ausüben. Wird auch nur ein Teilbereich der Vollkostenversicherung teurer, so darf der gesamte Vertrag gekündigt werden. Betrifft die Beitragserhöhung nur das Krankentagegeld, darf auch nur dieser Tarif außerordentlich gekündigt werden. Die Frist für die Kündigung beträgt zwei Monate ab Erhalt der Änderungsmitteilung.

Bei einer rechtzeitigen Kündigung endet der Vertrag mit Beginn des theoretischen neuen Beitrags, sie wird also zeitgleich mit der geplanten Beitragsanpassung wirksam. Das Sonderkündigungsrecht PKV schließt mit ein, dass die gegebenenfalls vereinbarte Mindestvertragslaufzeit des Versicherungsvertrages außer Kraft gesetzt wird, das heißt, dass Sie nicht erst ein bis drei Jahre warten und den höheren Beitrag auch in der Anfangsphase nicht hinnehmen müssen. Übrigens: Eine Beihilfereduzierung beziehungsweise auch der Wegfall der Beihilfe berechtigen nicht zur Sonderkündigung.

Im zweiten Fall unterschreitet der angestellte Versicherte die aktuelle Versicherungspflichtgrenze und wird (wieder) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier kann die Kündigung auch rückwirkend innerhalb von bis zu drei Monaten nach Eintritt der gesetzlichen Pflichtversicherung ausgesprochen werden. Andernfalls kann man jeweils zum Ende eines Monats kündigen, in dem er die Versicherungspflicht nachweist, er muss aber damit rechnen, dass er für diese Zeit doppelte Beiträge leisten muss.

Ähnlich verhält es sich, wenn der Versicherte einen Anspruch auf kostenfreie Familienversicherung erwirbt und in die gesetzliche Krankenkasse wechselt. Hier gelten dieselben Kündigungsmodalitäten und Fristen wie beim Eintritt in die gesetzliche Pflichtversicherung.

Ein Spezialfall ist auch, wenn der Versicherte Anspruch auf Heilfürsorge hat. Auch hier darf er mit dem Eintritt seine private Krankenversicherung außerordentlich kündigen. Die Heilfürsorge wird in der Regel an Beamte (Polizei, Feuerwehr, Soldaten und Vollzugsbeamte, aber auch an Zivildienstleistende) von ihrem Dienstherrn geleistet. Sie gehört weder zur gesetzlichen noch zur privaten Krankenversicherung und wird für diejenigen Berufsgruppen geleistet, deren Arbeit mit besonderen Risiken verbunden ist. Da Krankenversicherer unter anderem nach dem Risiko der ausgeübten Tätigkeit (oder auch des Hobbys) die PKV-Beiträge kalkulieren, entfielen auf diese Berufsgruppen besonders hohe Beiträge. Da dieser Umstand als unzumutbar bewertet wird, übernimmt der Dienstherr die entstehenden Krankheitskosten in besonders hohem Umfang im Rahmen der Heilfürsorge. Auch hier gelten die Fristen wie beim Eintritt von der Versicherungspflicht in der GKV.

Wenn die Rückkehr in die PKV nicht auszuschließen ist

Eine sogenannte Anwartschaftsversicherung ist für alle empfehlenswert, bei denen absehbar ist oder der Wunsch besteht, nach der Kündigung Ihrer privaten Krankenversicherung wieder in die PKV zurückzukehren. Das bietet viele Vorteile, denn sobald ein privat Versicherter in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehrt, gehen ihm in den meisten Fällen die bisher angesammelten Altersrückstellungen in Gänze verloren. Durch eine Anwartschaftsversicherung bleiben im Normalfall sämtliche Altersrückstellungen erhalten. Außerdem entfällt die erneute Gesundheitsprüfung und der Versicherte kann sich dank der erhaltenen Altersrückstellungen zu den gleichen Beiträgen versichern. Sollte die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung doch endgültig sein, bieten einige Versicherer an, die bisherigen Verträge zu Krankenvollversicherungen in private Krankenzusatzversicherungen umzuwandeln.

PKV-Kündigung: Das sollten Sie beachten

Damit Kündigungen gelten, müssen die formalen Voraussetzungen erfüllt werden. Wie diese aussehen und weitere Tipps zeigen wir Ihnen in der folgenden Übersicht:

  • Eine Kündigung muss stets in schriftlicher Form ausgesprochen werden. Am sichersten in ein Einschreiben mit Rückschein oder ein Fax mit Sendebericht.
  • Außerordentliche Kündigungen müssen begründet werden, z. B. "Kündigung wegen Beitragserhöhung" oder „Kündigung wegen Eintritt Pflichtversicherung“.
  • Zur Wahrung der Kündigungsfrist ist das Datum entscheidend, an dem das Schreiben beim Versicherer eingegangen ist. 
  • Damit die Kündigung wirksam wird, muss der Versicherte gleichzeitig mit der Kündigung bei einem neuen Versicherer einen neuen Vertrag abschließen. Die Frist beträgt hier zwei Monate nach der Kündigungserklärung. Wird die neue Mitgliedschaft bei einer anderen Kasse dem bisherigen Anbieter nicht nachgewiesen läuft der alte Vertrag unverändert weiter und es werden dann unter Umständen doppelt fällig (für GKV und PKV). Hintergrund ist auch hier die allgemeine Versicherungspflicht in Deutschland, für die jeder Versicherte eine lückenlose Krankenversicherung nachweisen muss.

Weitere interessante Beiträge

/* */